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21.01.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung | ||
Ausstellung Sammlung Essl: Als Pinsel noch zuschlagen mussten | ||
Wie zahm sind die "Neuen Wilden" der 80er Jahre geworden? Die Sammlung Essl zeigt die Entwicklung dieser österreichischen Maler-Generation bis heute. | ||
S Heute klingt diese ganze Szenerie ziemlich retro, der
Mythos der "Neuen Wilden" strömt aus leicht gelblichen Katalogen, so wie
Punk heute von zerkratztem Vinyl scheppert. Die einst so heftig
aufbegehrende "Neue Malerei" ist Teil der Kunstgeschichte und ihrer
Bibliotheken geworden. Nicht nur der österreichischen, auch der deutschen und italienischen: In Berlin tobten damals Salomé und Rainer Fetting, in Köln die "Mühlheimer Freiheit", in Hamburg Albert Oehlen, und irgendwie gehörte auch Martin Kippenberger dazu. Während sich die "Väter" wie Baselitz und Lüpertz mit neureichen Attributen als Malerfürsten stilisierten, durften die "Söhne" den Kunstmarkt noch einmal so richtig aufmischen. Dieser konstatierte "Hunger nach Bildern" und befriedigte diesen gewinnbringend. Das Publikum bekam, was es sah: Wülste aus Farben, grobe Figuren, aufgeriebene Seelen, Pinsel strichen nicht, sie schlugen - rohe Malerei eben, die eben so herrlich einfach war. Nach den 70er Jahren, als Konzept und Politik die Kunst
vom Bauch in den Kopf geschickt hatten, hatten die expressiven
Farbschlachten und Bilderfluten einer "Neuen Malerei" ein Freispiel beim
Publikum. Auch beim Sammler-Paar Essl, das von Beginn an Arbeiten dieser
Generation kaufte. Namen wie Siegfried Anzinger und Hubert Schmalix werden
mit ihrer Sammlung assoziiert, bilden einen Kernbestand. Noch bevor das
neue Museum in Klosterneuburg zur Verfügung stand, stellten die Essls 1991
im Wiener Kunstforum ihre "Wilden" in der Ausstellung "Das Jahrzehnt der
Malerei" vor. Heute, über zehn Jahre später, entschied man sich in
Klosterneuburg, in Kooperation mit der "Presse", für einen anderen Weg der
Präsentation, weniger historisch, weniger nostalgisch. Das ist einerseits
angenehm und pädagogisch, weil versucht wird, eine Bewegung bis in die
Gegenwart zu verfolgen. Andererseits ist der Titel "Neue Wilde. Eine
Entwicklung" leicht irreführend: Denn von "neuer wilder" Malerei, deren
Kernzeit nur wenige Jahre Anfang der 80er dauerte, ist verhältnismäßig
wenig zu sehen. Angeregt von Florian Steininger, ausgewählt von der
hauseigenen Kuratorin Gabriele Bösch, beginnt die Schau mit einem
Überblick im ersten Raum. Dicht an dicht musste hier je ein exemplarisches
Bild von allen elf Vorzeige-Wilden untergebracht werden. Nur ein
komprimierter Raum also für die 80er Jahre. Man wünscht den kleinen wie
großen Formaten mehr Luft zum Atmen, aber der Geist dieser Zeit drängt
sich so natürlich unverfroren auf: Verdichtung! Hier erkennt man schon die Untergruppen und
Schattierungen innerhalb der "Neuen Wilden". Die gegenständliche,
figurative Schiene der so genannten ersten Generation mit Anzinger,
Schmalix, Alois Mosbacher, Josef Kern, Erwin Bohatsch. Dann die zweite
Generation: 1986 machten einige junge Maler im Wiener Zwanz'gerhaus auf
sich aufmerksam. Die legendäre Ausstellung "Hacken im Eis" war der
öffentliche Durchbruch einer "Neuen malerischen Abstraktion" in
Österreich: In großen Formaten legten Herbert Brandl, Gunter Damisch,
Josef Danner, Hubert Scheibl und Otto Zitko dicke Farbschichten
aufeinander, ließen Landschaften aus Farbe und Struktur erscheinen. Zu
dieser Richtung zählen auch Erwin Bohatsch und Walter Vopava. Nach dem ersten historischen Sammel-Raum und einer
Auswahl von Vorreitern - voran Kurt Kocherscheidt und Maria Lassnig - wird
jeder der elf Künstler in Mini-Retrospektiven vorgestellt. Sehr klar,
dadurch ein wenig spannungslos. Vor allem die Entwicklung der figurativen
Maler ist erstaunlich. Anzinger zeigt die größte Entfernung von seinem
eruptiven Frühwerk - seine Kunst ist stetig gereift, spielt sich heute in
quirlig-luftigen Höhen ab und nicht mehr in psychischen Untiefen. In
schwelgerischer Erinnerung bleiben Brandls monumentale Berge, Scheibls
riesig rot glühender Farbrausch "R", der amüsierte Blick in fragende
Hundeaugen, gelenkt von Alois Mosbacher. Doch alles, was man hier erkennt - es will und wollte
immer nur Malerei sein. Das meiste ist sehr gute. Ob wild oder gezähmt,
aus den 80er Jahren oder aus 2003. Egal: Mythen kleben, bis ins Alter.
Bis 21. 3. Di.-So. 10-19 h, Mi. 10 - 21 h. |
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