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08.06.2002 - Ausstellung
Pariser Erbschaften, in Belgrad lange versteckt
"Die Geburt der Moderne" verspricht eine Ausstellung aus dem Nationalmuseum Belgrad im Historischen Museum der Stadt Wien aufzuzeigen. Was präsentiert werden kann, wirkt jedoch oft nur beiläufig.
VON KRISTIAN SOTRIFFER


Das konvolutartige Gemisch "von der Schule von Barbizon bis zum Konstruktivismus" aus dem Belgrader Nationalmuseum wird unter der Bezeichnung "Meisterwerke" vorgestellt. Doch nicht nur, daß ein individuelles Profil der erst nach der jüngsten politischen Wende aus den Museumskellern geborgenen und nun erstmals im Ausland gezeigten Sammlung kaum erkennbar wird - es fehlen in ihr auch zentrale Eckpfeiler.

Der Schwerpunkt liegt auf Entwicklungen in Frankreich im Lauf eines Jahrhunderts zwischen 1830 und 1930. Aber ein Manet oder Cézanne sind ebenso wenig zu finden wie Braque oder Léger. Picassos Stellenwert soll anhand zweier peripherer Federzeichnungen abgelesen werden.

Der Katalog wartet offenbar auf Leser, denen bisher verborgen geblieben war, was die Maler von Barbizon, die Impressionisten oder Fauvisten, die Kubisten für die künstlerische Entwicklung der Zeit bedeutet haben. Der belehrende Ton, in dem uns Redundantes zu erklären versucht wird, wirkt absurd.

Nicht uninteressant aber ist das Zustandekommen dieser Sammlung, worüber etwas erfährt, wer die Angaben zu den Provenienzen der einzelnen Stücke verfolgt. Zu erfahren ist auch, daß das 1844 gegründete Museum einmal die Bezeichnung "Fürst Pale" führte. Auf ihn geht der Erwerb der interessanteren Werke zurück.

Das sind etwa Arbeiten von Corot, Derain, eine "Tahitische Frau" von Paul Gauguin, die wunderbar gemalte Rotbuche von Henri Matisse, deren Vorbesitzer der berühmte Kunsthistoriker Bernard Berenson war, oder eine Variante der Kathedrale von Rouen von der Hand Claude Monets.

Die meisten Erwerbungen erfolgten Ende der 20er oder während der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, darunter ein schönes Stilleben von Pierre Bonnard, eine Chagall-Gouache, ein atypisches, "klassisches" Stilleben von André Derain. Die Stadt Amsterdam schenkte den Belgradern 1931 nicht nur zwei kammermusikalische Arbeiten von Van Gogh, sondern auch einen späten Mondrian. Eine Skizze von Toulouse-Lautrec für ein Porträt der Sängerin Yvette Guilbert wurde "1952 vom Institut für Denkmalschutz beschafft". Was da wohl dahinter steckt?

Teile der Museums-Sammlung wurden in zwei Weltkriegen geplündert, vernichtet. Was erhalten blieb, ist selbstverständlich sehenswert, erfüllt bloß nicht den Anspruch, mit dem diese Auswahl vorgestellt wird.

Bis 1. September, Di - So 9 - 18 Uhr.



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