Salzburger Nachrichten am 19. Oktober 2001 - Bereich: kultur
Die Welt der TV- Bilder

Die Ausstellung "Televisions" in der Kunsthalle Wien verfolgt eine klare Linie: Kunst ist Kunst und Television ist Television.

JANA WISNIEWSKI

Und dennoch haben sich Kunst und Medien in der Schau (Kurator: Joshua Dexter) perfekt vernetzt. Die Fronten sind klar, die Stärken auch, was nun passiert, ist "erweiterte Bewusstwerdung". Der Stoff, aus dem die Träume sind, wurde ja durch das Fernsehen nicht erfunden. Die Eitelkeiten, die sich so trefflich vor einem breiten Publikum und für dieses ausleben lassen, waren immer da, sie lassen sich fürs TV nur "international" stilisieren, in einer Bildsprache, die Grenzen der Bildung ebenso überschreitet wie jene der Geografie. Die Information, die Bedürfnisse gleichermaßen weckt wie befriedigt, hat mitunter zu obskuren Geschäftspraktiken geführt - dafür hat das TV noch in den sechziger Jahren reichlich Kritik geerntet, gerade aus dem Kreis von Künstlern und Intellektuellen.

Heute ist das Medium aber so sehr integrierter Bestandteil des Lebens, dass man gelassen und ironisch die Wechselwirkungen reflektieren kann, von beiden Seiten: Kunst sieht TV und TV sieht Kunst. Das Publikum ist das Zünglein an der Waage.

Davor, dahinter und durchsehen kann man in der Schau dank einer Ausstellungsarchitektur von veech. media architecture, die den Begriff "Screen" in Architektur übersetzt. Die Mattscheibe wird als Stilelement, als Raumteiler eingezogen, geeignete Ausschnitte und Ausblicke werden arrangiert. Achtung Aufnahme! - das scheint ein weiterer Ausgangspunkt für gestalterische Überlegungen zu sein, die Maschinerie spielt mit, man befindet sich gleichsam mitten im Produktionsprozess.

Der Ausstellungskatalog, als Relikt fürs Archiv, gibt sich als klassisches VHS-Video (in der Verpackung), allerdings nur zum Schein, denn in der Schachtel ist ein Buch, das Lesezeichen ist einer Fernbedienung nachempfunden.

Als weiteres Begleitmedium fungiert ein Programmheft, in dem auch Reklame gemacht wird fürs eigene Haus, sowie ein Fernsehspot, der ausgesprochen lustig ist und die Werbewirksamkeit durch Selbstironie noch zu überhöhen versteht. Die Aufbereitung der Inhalte hat ein Niveau erreicht, das man hierzulande noch nicht gesehen hat. Inhalt und Design haben ihre Entsprechung.

Die Künstlerliste ist lang, die Ausstellung auf zwei Ebenen umfassend und vielfältig. Sehr viele Werke wären erwähnenswert innerhalb einer Künstlerauswahl, die alle Medien einschließt und den Brennpunkt auf inhaltliche Relevanz legt. Candice Breitz zeigt mit ihren schnellen Videoschnitten, was hinter der Ausstrahlung der TV-Schönen liegt, wie jeder Blick, die Haarlänge, das Outfit kalkuliert sind, um das zu bringen, was man mitteilen möchte - große Reichweiten, großes Kalkül.

Maurizio Cattelan deutet an, dass alle Menschen verführbar sind, auch wenn sie total abseits der Strö-me leben. Pipilotti Rist kippt die Bedeutungen: Das klassische Wohnzimmer ist riesig, auf den Möbeln sitzen wir wie Kleinkinder, und der Fernseher bringt buntes, unverständliches Zeug in kurzen Schnitten und schräger Aufnahme - wir sind dennoch fasziniert . . .