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Kunstberichte

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Illustration

Ein Ohr für Vincent

(cai) Manche müssen halt unbedingt den keuschen Ruf von Barbie und Ken besudeln, indem sie behaupten, die würden gar kein streng platonisches Verhältnis pflegen wie Tarzan und Cheetah. Ja gut, Christy Astuy hat die B., deren Kleiderschrank und Dekolletee immer voll sind, und ihren K. eh nicht bei gewagten Doktorspielen erwischt, aber sie unterstellt ihnen (und malt auch gleich ein "Genrebild" davon), sie hätten eine deftige Gebrüder-Grimm-Fantasie ausgelebt: Rotkäppchen und der böse Wolf.

Und weil das Regietheater vor nichts haltmacht, hat Ken seinen Wolf als "Adam nach dem Sündenfall" angelegt. Mit angeberisch großem Feigenblatt. (Natürlich gilt für B. und K. nach wie vor die Unschuldsvermutung.) Dagegen dürfte es eine lässliche Sünde sein, eine spätmittelalterliche Madonna zu kidnappen, um ihr eine Hose anzuziehen. Auf "Hose" reimt sich "Rose". Doch wieso Astuy dem Picasso eine solche hinters Ohr klemmt (Farbe: "Blutrot"), ist durchaus mysteriös. Noch dazu schwirren da lauter neckische Schrumpfköpfe mit dem Antlitz von van Gogh herum, der bekanntlich nach seiner Vivisektion nicht mehr ganz Ohr gewesen ist (während Picasso sein Ohr ja mit ins Grab genommen hat). Na ja, könnte ein Ritual in einem Ohr-Opfer-Kult sein: Am Jahrestag der besagten Schnipsel-Szene (aua!) steckt man sich eine Gedenkrose ans Waschel.

Manche Pointen in den unbekümmert süffigen Humorgefilden und Kitschidyllen versteht man vielleicht nicht, verstört schmunzeln muss man trotzdem. Etwa über den Kaktus, wenn also die von reizendem Speck und koketter Zellulitis verherrlichte Hausfrau als Insignie ihrer Macht keinen Mikrowellenherd hochstemmt, sondern eben jene berüchtigte Pflanze, die sich gegen zudringliche Grünzeugstreichler mit "Akupunktur" wehrt. Und Astuys Schmetterlingen darf man sowieso nicht trauen. Die sind nie harmlos.

Galerie Wolfgang Exner
(Rauhensteingasse 12)

Christy Astuy

Bis 7. Mai
Di. bis Fr. 11 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 17 Uhr

Sehr unterhaltsam.

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Lässiger als Kolumbus

(cai) "Eine Geschichte, die sehr kompliziert ist": Das könnte jetzt die Kurzfassung von einem David-Lynch-Film sein oder von der Photosynthese. Ist aber vielmehr der Titel eines Gruppenbildes, wo man beim besten Willen nicht ergründen kann, warum der eine da ein Megafon hat und der andere ein Ritterhelmvisier vorm Gesicht braucht. Die peppigen Sittenbilder von der perfekt gestylten "Generation 30 minus", die einfach so rumhängt oder als "Die letzten Eroberer" lässiger als Kolumbus am Palmenstrand landet, hat Elisabeth Gabriel liebevoll digital komponiert, bevor Daryoush Asgar das Ganze mit seinem Pinsel fulminant (mit Schärfen und Unschärfen) "abfotografiert" hat, ohne in einen platten Hyperrealismus zu verfallen. Dass alles so oberflächlich ist wie ein polierter Lackschuh, mag ja ein bissl suspekt sein. Doch wer erträgt schon dauernd den Ernst des Lebens?

hilger contemporary
(Dorotheergasse 5)

Asgar/Gabriel

Bis 8. Mai
Di. bis Fr. 10 bis 18 Uhr
Sa. 10 bis 16 Uhr

Zum Anschmachten.

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Nur kein Augensausen

(cai) Gut geschaut ist halb verdaut. Denn man isst ja auch mit den Augen. Und hören tut man mit denen ebenfalls ganz gut. Das heißt nicht, dass man, wenn man schreiende Farben ansieht, einen Tinnitus kriegen täte. Augensausen bekäme man von den beschaulichen Stücken von Yvette Heller und Gabriele Ulmer aber ohnehin nicht. Je vier Tafeln ergeben eine musikalische Komposition. Solide Collagen aus Zeitungsfetzen mit markanten Schlagzeilen ("Nachts singst du super, Schatzi!", "Drei Oktaven für ein Halleluja"), koloriert mit "Klangfarbe". Und leibhaftige Notenköpfe hüpfen rhythmisch umher. Nicht dass ich qualifiziert wäre, diese simplen Weisen zu summen . . .

Galerie Artefakt
(Strauchgasse 2)

Yvette Heller/Gabriele Ulmer

Bis 4. Mai
Mo. bis Fr. 13 bis 18 Uhr

Wohltemperiert.

Mittwoch, 25. April 2007


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