Fremdheit ohne Exotismus | |
Von Roland Schöny.
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Festspielzeit ist auch Ausstellungszeit.
Die großen Salzburger aber auch Wiener Galerien nützen die Präsenz
zzahlungskräftigen Publikums für groß angelegte Sommerausstellungen. Im Salzburger Kunstverein, wo immer wieder wichtige Projekte der
Gegenwartskunst vorgestellt werden, läuft derzeit eine große Ausstellung
mit dem Titel "Import - Export". In den künstlerischen Arbeiten werden Fragen der Nationalität und des
internationalen kulturellen Austauschs angerissen. Aber auch um die
Verknüpfungen der Bildenden Kunst mit anderen Feldern wie Politik,
Wissenschaft oder Ökonomie geht es - um Themen also die in den letzten
Jahren sehr intensiv diskutiert wurden. Entwickelt wurde diese Ausstellung
gemeinsam mit dem Museum voor Moderne Kunst in Arnheim, in den
Niederlanden und der Villa Arson im französischen Nizza. Kultureller Transfer Was das bedeuten kann, dafür bringt der junge Künstler Jun Yang im
Salzburger Kunstverein einen anschaulichen Beweis. Jun Yangs Eltern haben ein China-Restaurant betrieben. Aus den für
solche Gaststätten mit Fernostflair typischen Requisiten, wie etwa dem
Dach mit chinesischen Ornamenten, baute Yun Yang eine kleine Installation
aus architektonischen Zitaten, die auf der ganzen Welt
Wiedererkennungswert haben. "Ich bin draufgekommen, dass meine Eltern chinesischer sind, als die
Chinesen in China. Ihr Bild von China ist 1979 stehen geblieben, als sie
ausgewandert sind.", sagt Jun Yang. Mit dieser Feststellung berührt der
Künstler Grundsätzliches: Was ist die eigenen Kultur, wo beginnt das
Fremde. Historische Wurzeln In der bildenden Kunst haben solche Fragestellungen eine lange
Tradition. Denn bereits Pablo Picasso und die französischen
Expressionisten etwa begannen eine Auseinandersetzung mit der Kunst der
sogenannten "Wilden" in Afrika. Damit wurde Kunst von den sogenannten
Rändern zu einem Thema europäischer Ästhetik-Diskussionen. Auch später in
den 60er Jahren kam ein starkes Interesse an den sogenannten Peripherien
des westlich orientierten Ausstellungsbetriebs auf. Das war politisch begründet, denn in Folge der
Anti-Vietnamkriegsbewegung sprach man von einem Recht der Gesellschaften
der sogenannten Dritten Welt auf Selbstdarstellung, was mitunter in die
Begeisterung für eigentümliche Folklore mündete. Heterogene Ansätze Bis heute jedoch ist die Auseinandrsetzung mit kulturellen
Widersprüchlichkeiten und Überlappungen, also die Beschäftigung mit dem
Crossover von Kulturen, ein breites Thema geblieben. Die Ausstellung
"Import - Export" stellt sehr unterschiedliche Zugänge vor: Um das Bild
Österreichs in Zeiten internationaler Sanktionen etwa geht es in einer
Arbeit des in New York lebende Rainer Ganahl - der im letzten Jahr einer
der Österreich -Teilnehmer bei der Biennale in Venedig war. Ganahl hat eine Homepage als Diskussionsforum eröffnet. Anlass dafür
war der seinerzeit vielzitierte Aufruf des Kunstkurators Robert Fleck,
indem dieser unter dem Eindruck der FPÖVP-Koalition zum künstlerischen
Österreich-Boykott aufgefordert hat. Rainer Ganahl plädierte für andere
Form der Auseinandersetzung und eröffnete seine Site. Tabubruch Eine vollkommen andere Form der Auseinandersetzung mit Österreich bzw.
auch mit Deutschland hat der Franzose Claude Leveque gewählt. Leveque
wählte die Aufschrift "Arbeit macht frei" die am Eingang des
Konzentratinslagers Auschwitz hing, und kombiniert sie mit einer
leuchtenden Mickey Maus. Hier trifft Pop-Art auf die Spuren des
grausamsten Verbrechens des 20. Jahrhunderts. Eine Arbeit die bereits zu
Austellungsbeginn sehr kontroversiell geführte Diskussionen auslöste. Die Arbeit, ist zwar schon acht Jahre alt, Leveque hat sie allerdings
für die Ausstellung bewusst ausgewählt. "Das hat auch im Künstlerteam zu
großen Diskussionen geführt", erinnert sich die Leiterin des Salzburger
Kunstvereins, Hildegund Amanshauser: "Viele Österreicherinnen und
Österreicher reagieren sehr sensibel auf diese plakativen Vergleiche und
fragen, was das mit uns zu tun haben soll." Frage nach dem Fremden Damit stellt sich auch die Frage, welche künstlerischen Mittel den
Blick auf das andere, das Fremde, das Schockierende anderer Kulturen, oder
Staaten gerecht werden. In der Ausstellung kommen sehr unterschiedliche
Ausdrucksformen zur Sprache. Von Malerei, über Videoinstallationen bis zum
erwähnten Diskussionsprojekt des Rainer Ganahl. Im Zentrum steht immer die
Frage nach dem Stellenwert der Kultur und danach, wie Hildegund
Amanshauser zuspitzt, "Welchen Stellenwert hat der kulturelle Austausch
für Europa." Tipp: Die Ausstellung "Import - Export" im Salzburger
Kunstverein kann bis Ende November besucht
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