KunstHausWien: Arbeiten von Daniel Spoerri
Kunst als Alarmsystem
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Er ist wieder in Wien: In den achtziger Jahren war Daniel
Spoerri Gastprofessor an der Angewandten, 1996 wurden seine großen
Assemblagen in der BAWAG Foundation präsentiert und nun ist er mit der
Wanderausstellung "Daniel Spoerri. Der Zufall als Meister" - kuratiert von
Thomas Levy - bis 1. Juni mit mehreren Werkgruppen im KunstHausWien zu
sehen. Der lebensbejahende Mitbegründer der europäischen Pop-Variante
"Nouveau Réalisme" ist auch nach dem Tod von Jean Tinguely und Niki de St.
Phalle seinen Prinzipien eines postmodernen Dadaisten treu geblieben: 150
Werke von 1960 bis 2001 beherrschen in ihrer Unmittelbarkeit eines
fröhlich-zynischen Charakters auch die Architektur von Hundertwasser.
Zufall und Doppelnatur interessierten Spoerri, der, als Daniel Isaak
Feinstein 1930 in Rumänien geboren, nur knapp der Verfolgung durch die
Nationalsozialisten mit einem Teil der Familie entging, von Anfang an.
Er erfand in der Nachfolge Duchamps Multiples, Eat-Art und
"Fallenbild"; auch seine Assemblagen mit wissenschaftlichen Themen aus der
Ethnologie und der Medizin sind als permanente Grenzüberschreitung eines
engen Kunstbegriffs zu sehen, auch wenn sie bereits historischen Charakter
annehmen. Frühes "Cross-over" pflegte der Künstler auch zur konkreten
Poesie; er liebt den Zauber der Palindrome, die seinen Schöpfungen
sozusagen wesensverwandt sind. Gesellschaftskritisch, aber nie didaktisch
(trotzdem er an vielen Akademien unterrichtete) spielt er mit Worten,
Zufallsfunden von Flohmärkten und warnt vor der Verführung durch
Machtstrukturen mit seiner Selbstdenunziation der Kunst (mit ihren eigenen
Mitteln). Was so witzig wirkt, ist also ernst; es geht um
multikulturelles, modernes Nomadentum. Einen festen Ort für seine Kunst
und die Sammlung von Werken seiner Freunde hat Spoerri aber nach dem
Vorbild von Bomarzo oder seiner Kollegin Niki de St. Phalle in Seggiano
gefunden, wo er seinen Garten als Stiftung hinterlassen wird. Wie es sich
für einen Künstler seiner Generation gehört, schockte er sein Publikum
gerne mit ausgestopften Tieren, Mordserien und seinen an die Wand
gehängten abgegessenen Tischplatten, jenen "Fallenbildern" in der ganzen
Vieldeutigkeit des Wortes. In den sechziger Jahren hatte er sein
Restaurant in Düsseldorf, in dem auch Bernhard Luginbühl, Dieter Roth,
Arman, César u. a. "Eat-Art" kochten; durch die Sammlung Hahn gibt es das
Modell und mehrere Fallenbilder im Wiener Modernen Museum. Unter den
Werkgruppen im Kunsthaus ist auch eine mit Verweis auf die verstorbene
Sammlerin Evelyn Oswald: die "Background Landscapes" mit der von ihr
getauschten Serie der "kleinen Bammler" (Erich Bammlers Grotten- und
Ruinenbilder). Spoerris "Arte memoria" dient also nicht nur der Geschichte
der ganzen Menschheit, sondern auch den kleinen biografischen
Verflechtungen mit heute bereits verstorbenen Freunden.
Erschienen am: 30.04.2003 |
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