Salzburger Nachrichten am 24. Oktober 2001 - Bereich: kultur
Vergangene Zukunft
Design im Schlepptau der Wissenschaft: So stellt es sich in der
von Uli Marchsteiner konzipierten Ausstellung in der Kunsthalle Krems dar.
JANA WISNIEWSKI
Oft genug waren es technische Erfindungen, die den Zeitgeist
prägten. Für den ersten Bereich, der in dieser Ausstellung die Zeit von
1935 bis 1945 skizziert, stellt sich die Strömungsmechanik als jener Motor
dar, der die daraus resultierenden stromlinienförmigen Objekte
inspirierte. Die Design-Euphorie machte allerdings nicht bei dafür
sinnfälligen Gegenständen Halt, etwa Autos oder anderen Gegenständen, die
sich rasch bewegen sollen. Auch Dinge, denen man im übertragenen Sinne
Geschwindigkeit wünschte, wurden dem neuen Trend angepasst: Bügeleisen
etwa. Das ging bis zur Damenmode, denn die stromlinienförmige, dynamische
Linie verlieh ein gutes Gefühl der Beweglichkeit und erleichterte Bewegung
ja auch tatsächlich.
Das vergangene Jahrhundert war geprägt durch den Glauben an die
Zukunft und eine Machbarkeit der wundervollsten Träume: ob dies nun ein
"zukunftsweisendes" Automobil war, wie der "Tatra Typ 87" oder die
sagenhafte Ausstellung "Futurama" von dem Designer Norman Bel Geddes, der
den damaligen Betrachtern die Stadt der Zukunft dank einer befahrbaren
Rampe gleichsam im Fluge näher brachte, bis der Betrachter mit einem
Schwenk in der "realen" Zukunft landete.
Als nächste Etappe prägten die Raumfahrt und die Erforschung des
Kosmos auch das Design. Ende der 50er Jahre war so manches Gerät
kugelförmig, vom Wecker bis zum Sitzmöbel, ohne gleich ein Sputnik sein zu
müssen. Die Sechziger befreiten die Menschen von so manchem Plunder und so
manchen Zwängen, doch irgendwie kommt das in Uli Marchsteiners
Ausstellungskonzept nicht durch. Er stellt auf den Einfluss der
Technologien ab, darüber hinaus zitiert er immer wieder "Entgleisungen"
auf dem Gebiet Design.
Mit einer Ausrichtung auf die Digitalisierung und die
Biotechnologien schließt die Ausstellung zur Gegenwart auf. Das stellt
sich aber nicht wirklich an Hand von Objekten dar. Hier ist man besser
beraten, wenn man den Katalog studiert.
Das neue Jahrtausend scheint auch in den Köpfen etwas verändert zu
haben, denn alle Technologien, die von vielen Menschen derzeit direkt
genützt werden, brauchen keine "von außen" kommende Bewerbung mehr. Form
und Funktion fallen in eins zusammen. Neckische Ideen wie
Streichelcomputer oder Bekleidungsmelder müssen sich an der Realität von
Handys, Notebooks, Digitalkameras und Webcams beweisen. In den Artikeln,
die über das Jahr 2000 hinausweisen, kommt schon zum Vorschein, dass die
Gegenwart eigentlich die Zukunft ist.
"Vergangene Zukunft/Design zwischen Utopie und Wissenschaft",
Kunsthalle Krems, bis 17. 2. 2002.
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