Entschleierung der Wirklichkeit
Ägyptische Revolte, ein Mummenschanz der Sexualität und die Entschleierung des Unheimlichen: Neues in vier Galerien.
Foto © Rainer
rittergallery
Es ist leicht, sich von Lore Heuermann, gefangen nehmen zu lassen. Der in Wien lebenden Kosmopolitin mit starken Beziehungen zum Fernen Osten begegnete man in den letzten Jahren immer wieder in Kärnten. Es genügt, sich mit Zeit und Ruhe auf die aus Seidelbast handgeschöpften Materialbahnen einzulassen, auf denen sie mit Bambusfedern und japanischer Tusche Bewegungsverläufe einfängt.
Über lange Beobachtungsräume hinweg erfasst Heuermann protokollarisch Choreografien in einer Überfülle von Einzelbildern. Was auf den ersten Blick wie Schriftzeichen anmutet, ist die Auflösung rasanter Abläufe zu gezeichneten Augenblicksquerschnitten. Obwohl in diesen Bildern die Zeit stillsteht, atmen sie eine äußerst vitale Dynamik. Ihre Aura verführt zu meditativer Betrachtung. Dazu gibt es wunderbare Buchpublikationen über Heuermanns vielfältige Beschäftigung mit den chinesischen Urelementen und ihre beeindruckenden Werkgruppen in allen möglichen Winkeln dieser Welt.
Lore Heuermann. rittergallery. Klagenfurt. Bis 16. April, Di.-Sa. 10.30-13 Uhr und nach Vereinbarung (0664 3070854).
BV-Galerie
Üblicherweise präsentiert sich der Professor für Malerei an der Akademie von Sarajewo mit mehrere Meter langen und hohen Gemälden. Diesmal ist Ismar Mujezinovic mit eher kleinen Formaten angereist, um in einer intimen Werkschau exemplarische Themen seiner Arbeiten vorzustellen. Er füllt sein "Restaurant für Massenernährung" (Ausstellungstitel) mit mondän bis spärlich bekleideten Menschen, die offensichtlich meinen, ihre Lüstchen ausleben zu sollen. Mujezinovic inszeniert einen Mummenschanz der Sexualität und enthüllt ihren banalen Charakter. Technisch sorgfältig ausgeführt, in der Tradition des klassischen Expressionismus. Leiblichkeit und Erotik eingefroren in puppenhaften Körpern und ausdruckslosen Gesichtsmasken. Eine eigene Werkgruppe stellen die dynamischen Plakatgrafiken von Wintersportlern dar. Videos zeigen die Vielseitigkeit des Künstlers, der auch als Designer oder Theatermacher arbeitet und Romane schreibt.
Ismar Mujezinovic. BV-Galerie, Feldkirchner Straße 31, Klagenfurt. Bis 30. März, Mo.-Fr. 9-19 Uhr.
Galerie Freihausgasse
Nicht geringe Irritationen erzeugen die Paraphrasen des Kärntners Alex Amann auf Werke der größten französischen Maler des 19. Jahrhunderts. Egal ob es sich um Landschaften, Stillleben oder weibliche Figuren handelt, stets vermeint man das berühmte Vorbild auch wahrzunehmen, obwohl die Nachbilder ganz anders sind. So sieht man vordergründig Frauenakte, klassisch komponiert und perfekt präsentiert. Doch bei Annäherung zieht sich die Malerei auf sich zurück. Den menschlichen Figuren fehlen Gesichtszüge und die erotische Anmutung schwindet angesichts der kahlen Schaufensterpuppen. Gemalte Nacktheit gefriert zu glatten Flächen. Und immer wieder versetzen blutige Rochen im Bildzentrum die seriell erarbeiteten Szenen ins Kafkaeske.
Mit der Entschleierung des Untergründigen und Heimlichen setzt Amann deren Gegensatz ins Bild. Das Sichtbare ist das Unheimliche. Das wird auch evident bei näherer Betrachtung der Bilder von menschenleeren Küstenstrichen oder Obstarrangements. Eine verdichtete Form von Malerei, die ihre Möglichkeiten bis an die Grenzen treibt, inhaltlich wie formal. Amanns Fluchträume sind inhumane Idyllen.
Kongenial: die Fotos und Videos von Laurent Goldring (Paris), der menschliche Körper in extremen Positionen untersucht und damit gleichermaßen irritierende Ansichten des Menschlichen ins Bild rückt. Alex Amann. Stadtgalerie Freihausgasse. Villach. Bis 2. April. Mo.-Fr. 10-12.30 und 15 -18; Sa. 10-12 Uhr
Stadtgalerie
Drei Wochen harrte der italienische Fotograf Marco Longari am Tahrir-Platz aus, um das Ende des ägyptischen Mubarak-Regimes zu dokumentieren. Er widerstand einem Hagel aus Steinen, beobachtete das Heranrollen der Panzer und war dabei, als die Demonstranten jubelnd den Sieg davontrugen. 26 seiner Bilder sind ab heute im Living Studio der Klagenfurter Stadtgalerie zu bestaunen. Zur Eröffnung (19 Uhr) spricht ORF-Korrespondent Eugen Freund Moderator des Abends ist Thomas Götz, stellvertretender Chefredakteur der Kleinen Zeitung.
Info: (0463) 537 5532, bis 3. April
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