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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
24. Juli 2005
21:26 MESZ
Von Anne Katrin Feßler

"Gerhard Richter: printed!"
Salzburger Rupertinum
bis 16. 10. 
Foto: Kunstmuseum Bonn
Drei Stufen bis zum Offsetdruck: Richter fotografierte Tochter "Betty" 1978, das Ölbild entstand 1988, für die Edition abfotografiert wurde dieses 1991.

Maler mit Zweifel
Das Salzburger Rupertinum zeigt Druck­grafiken und fotogra­fische Reproduktionen von Gerhard Richter: "printed!"

Salzburg - Gerhard Richter ist ein "Bilderfresser". Oder bemüht man ein Fremdwort: ein "Ikonophage". Das ist nichts Schlimmes und tut auch nicht weh. Richter unterscheidet sich damit nicht von sechs Milliarden anderer Menschen, die täglich Bilder konsumieren und deren Inhalte verschlingen. Als Künstler gehört Richter darüber hinaus zu den Produzenten: Er verspeist nicht nur, sondern verdaut und fertigt neue Bilder, aufgeladen mit dem Erbe der alten.

Stets hat er Wahrnehmungsprozesse des Betrachters mit in sein Bildschaffen integriert. "Richter ist ein Künstler, der an der Medialität von Bildern in der heutigen Zeit interessiert ist", so Hubertus Butin, der gemeinsam mit Stefan Gronert und Margit Brehm die Ausstellung printed! über Richters Druckgrafik, Fotoeditionen und Künstlerbücher zusammenstellte. 200 Einzelblätter werden im Rupertinum gezeigt: Ein guter Überblick, aber eine etwas undurchsichtige Gliederung.

Die großformatige Fotografie Ema (Akt auf einer Treppe) von 1992 erinnert motivisch an eine Ikone der Kunstgeschichte: Marcel Duchamps Nackte eine Treppe herabsteigend. Aber damit noch nicht genug des Verdauens: Richter bezieht sich hier auch auf eine eigene Arbeit, ein Ölgemälde von 1966, das wiederum auf einem Foto basiert, das er von seiner Frau im Düsseldorfer Atelier anfertigte. Ein mehrfacher Abstraktionsprozess.

Sei es das Bild der Pyramide von Gizeh, ein Schäferhund oder der Akt einer Badenden, Richters in ihrer Unschärfe oft malerische Fotografien wecken Assoziationen mit bekannten historischen Reisefotografien, Aufnahmen von Hitlers Hund "Blondi" oder den großen und kleinen Badenden von Edgar Degas.

Nicht nur die Aneignung massenmedial reproduzierter Motive interessiert ihn, sondern auch Fotografien aus der eigenen Biografie. So zum Beispiel Onkel Rudi (2000), das seinen Onkel in Wehrmachtsuniform zeigt. Zwischen dem Originalfoto des freundlich grinsenden Herrn aus dem privaten Album und dem in einer Auflage von 80 Stück produzierten Cibachrome liegt aber wiederum ein mehr als 30 Jahre älteres Gemälde. An der "Banalität des Bösen", wie die Philosophin Hannah Arendt die Kombination von "Normalität" und unreflektierter Befehlsausübung der NS-Täter beschrieb, lässt Richter durch die Vervielfältigung ein größeres Publikum teilhaben.

Vom abstrakten Gemälde Halifax (1978) fertigte Richter 1998 Detailaufnahmen an, 128 Fotos von einem Bild zeigt nahezu alle Nuancen von Grau - analytische Reflexion eines Malers, der von sich sagt: "Ich weiß gar nicht, ob ich von Grund auf Maler bin, da habe ich auch immer meine Zweifel gehabt, immer, noch immer." (DER STANDARD, Printausgabe, 25.07.2005)


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