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Kunstberichte
Die UNO-City macht ihre Sammlung internationaler Kunst der Öffentlichkeit zugänglich

Kunst als mondäne Visitenkarte

Die lebensgroße Frauenskulptur "The Link" von Mina Sunar. Foto: UNIS

Die lebensgroße Frauenskulptur "The Link" von Mina Sunar. Foto: UNIS

Von Christof Habres

Aufzählung Werke von Günter Brus bis Max Weiler in UNO-City zu sehen.
Aufzählung Kunstgeschenke von Mitgliedsstaaten.

Wien. Das großzügige Geschenk war als zeitgenössische Visitenkarte Österreichs an die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen gedacht. Im Jahr 1979, mit der Eröffnung des Vienna International Centres (VIC), übergab die Republik Österreich nicht nur den Neubau des Architekten Johann Staber seiner Bestimmung, sondern auch eine Sammlung zeitgenössischer Kunst.

Das Ankaufsbudget für diese Sammlung betrug umgerechnet 1,5 Millionen Euro und wurde von einer eigenen Fachjury der damaligen Regierung verwaltet.

Kunst-Komitee mit Richtlinien

Dieses Kunst-Komitee hatte den Auftrag, ein paar Richtlinien zu befolgen: Es sollten österreichische Künstler sein, alle damaligen Kunstrichtungen sollten vorkommen und die Künstler schon einen Namen haben. Das Projekt war dezidiert nicht als staatliche Nachwuchsförderung gedacht. Es ging bei der Auswahl um österreichische Künstler, die nach 1945 ihre Karriere gemacht haben und schon auf ein bestimmtes Renommee verweisen konnten. Worauf sich dieses Renommee begründete, ist bei der Auswahl nicht ganz nachvollziehbar. Daher ist es aus der zeitlichen Distanz interessant zu beobachten, welche Künstler damals von einer Jury schon als so renommiert erachtet wurden, dass sie als künstlerische Visitenkarte auf einer internationalen Plattform wie dem UN-Hauptquartier die österreichische, zeitgenössische Kunstszene repräsentieren sollten.

Das Konzept, die UNO-City in Wien neben den regulären Besucher-Touren auch für Kunstliebhaber zu öffnen, nahm seinen Ursprung in baulichen Mängeln des Komplexes. Genauer gesagt in der großzügigen Verwendung von Asbest. Seit 2004 wird nun ein Trakt nach dem anderen generalsaniert. Dabei mussten natürlich die Büros temporär umsiedeln und mit ihnen die Kunstwerke, die in ihnen oder in den Gängen platziert waren. Dieses Jahr ist das Ende dieser Generalsanierung abzusehen, und aus dieser UNO-internen Völkerwanderung der Beamten wurde die Idee realisiert, Sammlungsstücke teilweise neu zu positionieren und als Zusatzangebot der Visitor Services der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Natürlich kann sich für Kulturinteressierte aus Österreich die berechtigte Frage stellen, welchen Entdeckungswert eine Sammlung heimischer Künstler hat, deren Arbeiten in den meisten anderen Museen und Kunsthallen des Landes zu bewundern sind. Arbeiten von Max Weiler, Hermann Nitsch, Arnulf Rainer, Markus Prachensky, Alfred Hrdlicka, Hans Staudacher oder Günter Brus zählen zu den Fixbeständen heimischer Institutionen und Galerien.

Für die Präsentation und den Besuch der Sammlung des Wiener UN-Hauptquartiers sprechen drei wesentliche Dinge: Da ist natürlich der Besuch des Vienna International Centers an sich. Wie oft kommt man in dieses für den internationalen Ruf der Donaumetropole so bedeutende Zentrum? Dann ist es von einer kunsthistorischen Warte aus spannend zu betrachten, wer Ende der 1970er Jahre als etablierter Künstler galt und wessen künstlerischer Stellenwert heute rapide gesunken ist oder dem Vergessen anheimfiel. Hier werden keine Namen genannt, denn die unerfüllte Neugier soll zu einemBesuchanimieren.Diese Führung wird auch dadurch interessant, da mehr als 40 Mitgliedstaaten der UN-Niederlassung Kunstwerke zum Geschenk machten.

Entwendete Friedenstaube

Da findet man etwa eine japanische Friedensglocke, die nur dreimal im Jahr geläutet wird – anlässlich der Atombombenabwürfe auf Nagasaki und Hiroshima und am 21. September, dem Weltfriedenstag –, die Skulptur "Woman Free" von Edwina Sandys oder die Frauenskulptur "The Link" von Mina Sunar, in deren gefalteten Händen sich eine Friedenstaube befand. Diese Taube wurde jedoch – im vermeintlichen Zentrum des Weltfriedens – gestohlen. Nun steht diese fragile Figur in einem Gang des VIC und erinnert mit ihren leeren, gefalteten Händen an eine Bettlerin – für Frieden?

Die Kombination nationaler und internationaler Kunstwerke verbunden mit den Geschichten rund um die Tätigkeiten, Bemühungen und Ziele der UNO machen den Besuch sehr abwechslungsreich und empfehlenswert. Wobei ein Katalog mit Abbildungen und einem Gesamtverzeichnis aller Kunstwerke die Orientierung noch erleichtern würde.

http://www.unis.unvienna.org

 

Printausgabe vom Samstag, 26. März 2011
Online seit: Freitag, 25. März 2011 17:14:00

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