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20. Februar 2009
18:48 MEZ
Der Feinripp-Faserschmeichler
Der Maler und Cartoonist Manfred Deix feierte am Sonntag seinen 60. Geburtstag

Krems - Im zeichnerischen Werk Manfred Deix', der morgen Sonntag unter Anteilnahme der Cartoon-liebenden Bevölkerung 60. Geburtstag feiert, erhellt Blatt für Blatt mit dem Licht einer plötzlichen Einsicht die stockfinsteren hiesigen Verhältnisse. Die fleckigen Unterhosen der Österreicherinnen und Österreicher muss man schon mit vorsätzlichem Entdeckermut lüften wollen, um von der Betrachtung etwaiger Rückstandsproben auf das elende Leben dahinter zurückzuschließen.

Deix, der betont kindsköpfige Beach-Boys-Verehrer mit Klosterneuburger Wohnsitz, hat in bald 40 Jahren den Nachweis geliefert, dass Ideologie nicht nur die Befangenheit meint, die Österreicherinnen und Österreicher daran hindert, lustvoll zu leben. Er hat das Elend - das sich seiner eigenen Borniertheit zumeist nicht bewusst ist - Fleisch werden lassen, indem er es sorgfältig und Pop-Art-bunt mit dem Pinsel bannte.

Wie alle grandiosen Polemiker, wie Velázquez und Goya, löst er die Verblendung auf - etwa diejenige, dass wir der Hygiene frönten, bloß weil wir so liebe Menschen wären; oder dass sich die alltägliche Gemeinheit hinter einheimischen Brauchtumskulissen verstecken ließe.

Schlampige Verhältnisse

Deix ist Realist, weil er das im Gemeinsinn "Hässliche" nicht als moralischen Skandal, sondern als zuwendungsbedürftigen Ausdruck schlampiger Lebensverhältnisse begreift. Der St. Pöltener Gastwirtssohn ist bereits als Bub in die Schule des Schankraums gegangen. Er hat den Anblick gedunsener Leiber in sich aufgesogen. Er hat sie um die mickrigen "Spatzis" ergänzt, die die ganze Lachhaftigkeit einer von Männern dominierten Raiffeisenkassen- und Funktionärswelt entblößen.

Es hat sich erstaunlich wenig verändert seit den 1970er-Jahren, als er neben Erich Sokol zum Chronisten heimischer Trostlosigkeit avancierte. Deix, Katzenherbergsvater und Ex-Kettenraucher, beliefert internationale und nationale Magazine; er muss mit dem Ewigkeitsfaktor rechnen, ganz einfach, weil das so genannte "Österreichische" sich in seiner Reformresistenz dafür entschieden hat, alle Wechselfälle des Politischen zu überdauern. Man wird Deix weiterhin brauchen.

Das Kremser Karikaturenmuseum lädt ab Sonntag täglich von 10 bis 18 Uhr zu der Ausstellung Das ist Deix. Bei Ueberreuter erschien jüngst der Band Der Goldene Deix. Die besten Werke seit dem Jahr 2004 (€ 29,95 / 336 Seiten). (Ronald Pohl, DER STANDARD/Printausgabe, 21./22.02.2008)

 

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