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vom 21.10.2005 - Seite 021
Was wollen Kulturpolitiker?

VON SILVIA NAGL

Vertreter von 18 Kulturinstitutionen aus 14 Ländern diskutierten vor kurzem im Linzer Lentos bei einer vom Linzer Kulturverein eipcp (=Europäisches Institut für progressive Kulturpolitik) organisierten Veranstaltung auch über die Aufgaben von Museen.

Europaweit lässt sich in Museen in den letzten Jahren ein Wertewandel feststellen: Das bislang gültige Modell eines Museums als Bildungsinstitution wurde abgelöst von einem an Besucherzahlen gemessenen Haus, in dem Marketing über Vermittlung gestellt wird. eipcp-Ko-Direktor Gerald Raunig fasste im OÖN-Gespräch die diskutierten Punkte zusammen.

OÖN: Wie sollen Museen mit diesem Wertewandel umgehen?

RAUNIG: Natürlich ist die Entwicklung von Museen in den verschiedenen Ländern Europas sehr unterschiedlich. Doch generell ist in allen Institutionen die Frage zu stellen, ob das emanzipatorische Potenzial eines Museums aufrecht zu erhalten ist oder ob Besucherzahlen als Fetisch verwendet werden. Die Frage ist, was die Politiker wollen für das Geld, das sie verwalten und zuteilen. Eine differenziertere, genauere Argumentation in der Kulturpolitik hat sich ja hin zu einer Frage nach Zahlen entwickelt.

OÖN: Muss ein Museum massenkompatibel sein?

RAUNIG: Genau um diese Frage geht es: Soll ein Museum Teil eines kulturpolitischen Diskurses sein, oder wird es der neoliberalen Ideologie der Tourismusindustrie übergeben? Das ist aber keine Entscheidung von Museumsdirektoren, sondern von Kulturpolitikern.

OÖN: War das Lentos bei diesem Treffen ein Thema?

RAUNIG: Ja natürlich. Es sind ja alle Institutionen mit ähnlichen Fragestellungen konfrontiert. In fast jeder mittelgroßen europäischen Stadt gibt es solche Bauten. Aber niemand macht sich offensichtlich vorher Gedanken, wie diese Gebäude bespielt werden sollen.

DISKUSSION: Vertreter aus 14 Ländern diskutierten im Lentos


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