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Kunstberichte
Rechnungshof geißelt Verleihpraxis von vier Landesmuseen

Hunderte Museumsstücke nicht auffindbar

Von WZ Online

Aufzählung Über 6.000 Objekte an nichtmusealen Orten.

Wien. Verliehen gleich verloren: Diese Rechnung galt lange Zeit für vier österreichische Landesmuseen, deren Verleihpraxis nun in einem Rohbericht des Rechnungshofs heftig kritisiert wird. Unter Beschuss gerieten dabei laut einem Bericht des "Standard" das Oberösterreichische Landesmuseum, die Residenzgalerie Salzburg, das Tiroler Landesmuseen und das Wien Museum. Insgesamt verliehen die Einrichtungen "mehr als 6.000 Objekte zur Ausschmückung von Amtsräumen, Büros, Pfarren, Krankenzimmern und Hörsälen. Rund 600 dieser Objekte waren nicht auffindbar", heißt es im RH-Rohbericht.

In der Linzer Einrichtung gelten demnach 475 von 5.401 verliehenen Objekten als nicht auffindbar. Dabei sieht das Statut des Landesmuseums gar nicht vor, an nichtmuseale Einrichtungen zu verleihen. Dennoch erhielten zwei Landtagsklubs Objekte - ohne dies vertraglich abzusichern. An fünf kirchliche Einrichtungen wurden Werke im Wert von 149.000 Euro vergeben, wofür anstelle von Versicherungen ein Infoblatt über den Versicherungsschutz für Pfarren akzeptiert wurde. Ungeachtet konstatierter Beschädigungen bei Standortkontrollen wurden die betroffenen Stücke nicht eingezogen.

In Wien verlieh man 411 Objekte an nicht-museale Einrichtungen, wobei die Versicherungskosten vom Museum getragen wurden. 98 Objekte, zwischen 1910 und 1999 verliehen, blieben dabei laut Rechnungshof unauffindbar. Das Wien Museum verschwieg dieses Faktum dem Eigentümer, was vom RH kritisiert wird. In der Innsbrucker Datenbank sind 41 Gemälde und 42 Skulpturen als nicht auffindbar ausgewiesen. Das Fehlen sei "teilweise bereits seit Jahrzehnten" bekannt. Und in allen vier Museen "erfolgte keine kontinuierliche systematische Überprüfung" des Sammlungsguts.

Nicht versichertes Objekt in privatem Museum

Dies betreffe auch den Leihverkehr mit anderen Museen. In der Bundeshauptstadt wurden - obwohl nur befristete Leihgaben vorgesehen sind - 251 Objekte bei Überprüfung unbefristet verliehen. Mit 31 Leihnehmern war dabei kein Vertrag abgeschlossen worden. Ein Objekt aus Linz findet sich in einem privaten Museum, obgleich Leihvertrag und Versicherung seit 2003 abgelaufen sind. Dabei verlangt lediglich das Wien Museum Gebühren für den Verleih an eine andere Einrichtung: In Linz kostet ein Verleih das Museum hingegen 226 Euro, in Tirol 485 Euro und in Salzburg 556 Euro pro Objekt - ein Aufwand, der laut RH dem Empfänger in Rechnung zu stellen sei.

Im Wien Museum hatte man bereits am Mittwoch in einer Aussendung auf den langen Zeitraum von 100 Jahren verwiesen, in dem die Verluste angefallen seien. Auch seien die letzten nicht auffindbaren Objekte in den 1990ern verliehen worden. Kein einziges unter der Direktion von Wolfgang Kos ausgeliehenes Werk sei unauffindbar. Im Zuge der veranlassten Gesamtinventur habe man überdies zahlreiche verschwunden geglaubte Objekte wiederentdeckt: "Festzuhalten ist außerdem, dass es sich bei den derzeit nicht auffindbaren Objekten generell nicht um bedeutende Kunstwerke, sondern um Arbeiten geringerer Qualität handelt." (apa/red)

 

Montag, 28. März 2011 12:41:00


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