Salzburger Nachrichten am 28. November 2001 - Bereich: kultur
Menschenbilder der besonderen Art

"Der ephemere Körper" - Beispiele aus der Fotosammlung des Bundes - Ausstellung in Wien

Die Fotosammlung des Bundes bleibt nun doch im Salzburger Rupertinum und übersiedelt nicht nach Wien. Ein Ausschnitt daraus wird gleichsam als Vorschau für eine Ausstellung in China, in "hauseigenen Ausstellungsräumen", im Palais Porcia in der Herrengasse 23 in Wien gezeigt.

Als typisch für Österreichs Kunstentwicklung betrachtet Margit Zuckriegl, die nach wie vor die Foto-Sammlung betreut, die Beschäftigung mit dem Körper. Was Schiele zur Jahrhundertwende, die Aktionisten in den 60er Jahren anrissen, hat in den letzten 20 Jahren eine Vielzahl von Ausformungen erfahren. 13 Positionen körperbezogener Fotokünstler ergeben aber keineswegs einen Trend, einen Stil, eine Gruppe mit ähnlichen Anliegen. Es sind individuelle Vorgehensweisen im Felde der Kunst der Zeit.

Uli Aigner zielt auf Körpersprache von Männern und eine berufliche Zuordnung, die man ihnen auf Grund ihrer Bekleidung herausfinden sollte, ohne die Gesichter sehen zu können - denn die Figuren sind kopflos. Irene Andessner macht Nachbilder zu weiblichen Vorbildern aus der Geschichte, indem sie sich selbst wie beim Schauspiel den darzustellenden Persönlichkeiten durch Schminke, Haartracht und Kostüm angleicht und in einen Lichtkasten stellt, wie er beim Theater für die Vorschau gebräuchlich ist. Von Gottfried Bechtold ist jenes Mädchen von 1978, das den fotografierten Teil ihres Kleides als Fortsetzung von Medienwirklichkeit in das Bild integriert, ein oft gezeigtes Bild in der Schau. Damals war der Körper eher der Bote zur Medienreflexion.

Von Arnulf Rainer ist eine frühe Serie zu sehen, als er noch ohne Übermalung gestikulierte. Auf das unmittelbare Umfeld der Körper, das Rückschlüsse auf die Heimat der Personen zulässt, konzentriert sich Manfred Willmann. Fernsehbilder als Standbilder eines Bewegungsablaufes gereiht von Werner Kaligofsky stehen als Statements zur analogen Bilderwelt. Dieter Huber klont surreale Wirklichkeiten, und Valie Export mischt Stadtraum und Körperraum. Elisabeth Wörndl lässt Körperkonstruktionsprogramme über Stadtlandschaften kreisen. Die virtuelle Welt neuer Möglichkeiten in der Fotografie lässt grü-ßen.

Als Außenseiterin in diesem Strategiefeld appliziert Ilse Haider Fotoprints auf dreidimensionale Objekte. Erwin Wurm, der humorvolle Konstrukteur von "Kleiderskulpturen", präsentiert seine "Plastiken" als Foto. Birgit Jürgenssen projiziert Frauen aus fremden Kulturen auf den eigenen Körper. Michaela Moscouw zeigt "Rohlinge", den zur unterschiedlichen Darstellung freigegebenen Körper. Auch das passt in die Ausstellungsidee. Als Frage bleibt im Raum: Wann kommt wieder die Fotografie als Fotografie?

Bis 25.Jänner 2002.

JANA WISNIEWSKI