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Neues von der großen alten Dame |
Von Ines Mitterer.
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Inmitten der pompösen Säulenhalle der
Akademie der bildenden Künste in Wien steht ein großer Käfig. Engmaschiger
Gitterdraht umschließt eine seltsame Komposition aus alten Stühlen, Füßen
auf Stangen, die übereinander liegen. Ein kleineres und ein größeres Paar
Füße. Der Käfig ist das Werk von Louise Bourgeois.
Kleine Räume wie eben den Käfig hat die große alte Dame der Moderne
zahlreiche eingerichtet. Es sind Boxen auf halbem Weg zwischen barocker
Wunderkammer, schützender Almhütte und gruseliger kalter
Gefängniszelle. Auserwählt Louise Bourgeois, 1911 in Paris geboren, wurde im Mai 2000 als eine der
bedeutendsten und herausragendsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts mit
der höchsten Auszeichnung, die die Akademie der bildenden Künste zu
vergeben hat, gewürdigt. Die Ehrenmitgliedschaft des Hauses wurde im Laufe
des vergangenen Jahrhunderts ausgewählten Künstlern und Intellektuellen
wie Arthur Schnitzler, Oskar Kokoschka, Alfred Kubin, Henry Moore, Clemens
Holzmeister, Elias Canetti oder Max Weiler zuteil. Vita Louise Bourgeois hat zunächst an der Pariser Sorbonne ein
Mathematik-Studium aufgenommen - Logik sollte Ordnung in ihr tumultöses
Leben bringen, das von der Liebesbeziehung ihres Vaters zu ihrer
Kinderfrau geprägt war. Erst später begann sie ein Kunststudium, um die
Ängste, die nicht mit Theorie zu verbannen waren, durch Kunst
auszudrücken. 1938 ging sie mit ihrem amerikanischen Ehemann nach New York
und erkämpfte sich mühsam neben familiärer Pflichterfüllung und
Kindererziehung ihre künstlerische Identität.
Erst ab den 50er Jahren begann sich die Karriere der Louise Bourgeois
zu entfalten, die heute als Grande Dame der Kunst gefeiert wird. Der
Exorzismus der Angst ist ein wesentlicher Impuls in ihrem Werk, wo der
Betrachter auch immer wieder mit bedrohlichen und Angst machenden Motiven
konfrontiert wird. Mit Spinnen etwa, die als Spinnenobjekte - in Wien mit
einer Riesenspinnenskulptur - oder in Grafikserien auftauchen, die wie der
Zyklus "Ode à ma mère" mit der Mutter in Beziehung gesetzt werden.
Höhepunkt der Wiener Schau ist die "Passage dangereux" in der Aula. Großes Interesse Louise Bourgeois hat in einer Zeit studiert, als Künstlerinnen noch
eine Ausnahme in einer männlich dominierten Welt darstellten. Gerade das
intensive Interesse vieler junger Künstler an ihrem Werk und ihrer Person
zeige, wie sehr ihre Entwicklung mit einem Paradigmenwechsel in
Gesellschaft und Kunst verbunden ist, meint Gunter Damisch, der die
Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Studio Bourgeois konzipiert hat.
Mit der Künstlerin haben sich auch Studierende der Grafik-Klasse
auseinandergesetzt. Das Ergebnis ist in der Ausstellung "Portrait. Hommage
à Louise Bourgeos" im Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden
Künste (nebenan im Akademiehof) bis zum 4. Mai zu sehen. Damisch, Professor an der Akademie, lernte in Luise Bourgeois eine
faszinierend junge alte Dame kennen. "Für mich war das Faszinierende, eine
alte Dame kennen zu lernen, die mit ihren 90 Jahren dem körperlichen
Verfall ein Oeuvre der geistigen Frische, Neugierde und Wachheit
entgegenstellen kann." Persönliche Bezüge Louise Bourgeois' Werke sind strikt autobiografisch, ohne dass man das
auf den ersten Blick erkennen würde. Eine Kombination aus Stühlen etwa
kann die Beziehung zwischen ihrem Mann und ihren drei Söhnen darstellen.
Nur wer autobiografisch arbeitet und ganz bei der eigenen Person und
seinen Gefühlen bleibt, kann wirklich universell sein und überall
verstanden werden, ist die Künstlerin überzeugt. Nicht Märkte seien
global, sagt sie bei einem ihrer raren Interviews in ihrem Atelier in New
York, nur Emotionen. Tipp: "Louise Bourgeois. Reconstruction of the Past". Ausstellung in der Akademie der bildenden
Künste (Aula und Ausstellungsräume) wien 1, Schillerplatz 3. Vom 25.
April bis 27. Mai täglich 10.00 - 18.00 Uhr geöffnet. Ausstellung "Hommage à Louise Bourgeois", Arbeiten von Studierenden der
Meisterschule Grafik der Akademie der bildenden Künste, im
Kupferstichkabinett der Akademie, Wien 1, Makartgasse 3. Vom 24.4. - 4.5.
Montag bis Freitag 9.00 - 16.00 Uhr geöffnet. | ||||||||
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