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Ende 2.0 – Jetzt erst recht!

Aufzählung (cai) Tja, Whiskey ist Macht, aber im Wein, da liegt die Wahrheit . Der Wein allerdings, den der Björn Dahlem in Flascherln füllt, der ist mitunter total verlogen. Eine plumpe Fälschung. Nämlich rote Tinte, die wiederum so tut, als wäre sie Blut. Doch was hat es zu bedeuten, wenn der Rotwein im Flakon tatsächlich echt ist und das naive Modell einer Galaxie krönt, wo der Sockel ein Barometer ist? Hm. Kann man damit das Wetter von morgen vorhersagen? (Man flößt einem Frosch den Wein ein, und wenn er von der Leiter fällt, dann wird’s regnen?) Die obskuren kosmischen Objekte sind garantiert lauter Devotionalien. Für Leute, die ihren Wunschzettel nicht ans Christkind schreiben, sondern ans Universum. Und die an den Urknall glauben. (Big Bang, so heißt der Schöpfergott der Atheisten. Nicht diese Glocke in London. Die ist der Big Ben .)

"Die Ewigkeit": Aus einer blutigen Vase wächst ein goldenes Bäumchen. Eine Allegorie des expandierenden Universums? Nein, wieso? Wenn der Titel "Die Unendlichkeit" wäre, ja, dann eventuell. Ohne Genierer würzt Dahlem also die Astronomie mit christlicher Blutmystik. Und aus profansten Materialien (Geschirr,Christbaumkugeln, Lamperln) macht er kostbare Schätze für die religiöse Andacht. Was? Das ist ein Tennisball? Den hat wohl der Höllenhund zerkaut. Und was stellt das Ballerl dar ? Die Erde nach dem Weltuntergang? Die bewegt sich ja auf einer apokalyptischen Bahn um die Sonne. (Ach, nicht auf einer elliptischen ?) Und was ist in diesem Tabernakel drin, im Würfel mit dem endzeitlichen Titel: "The End Of It All II"? (Ende 2.0 – Jetzt ist’s wirklich vorbei.) Womöglich dunkle Luft. Na ja, Finsternis halt. Apropos Ende: Aus.

Kerstin Engholm Galerie

(Schleifmühlgasse 3), Björn Dahlem, bis 24. April

Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 15 Uhr

Schnitzel muhen nicht

Aufzählung (cai)Was ist das? Es hängt an der Wand und blökt – nicht. a) Eine Scherzfrage. b) Ein Witz, über den nur Intellektuelle lachen können. c) Ein an die Wand genageltes Wiener Schnitzel. (Äh, wieso sollte das nicht blöken ? Das würde doch nicht muhen .) Oder die richtige Antwort: d) Kunst. Die blökt echt nicht, fühlt sich aber so an wie ein Schaf. Weil der Johannes Domenig ein kuscheliges Lammfell aufgespannt und ihm mit Erdöl neckische Strähnchen gefärbt hat. Und wie nennt man 13 Kakerlaken auf einem Holzbrett? a) Brettljause. (Außerdem sind das Rosinen.) Oder b) Auch Kunst (weil das Ungeziefer vergoldet ist). Okay, eine Galerie ist kein Streichelzoo. Doch wenn einer aus der Natur sinnliche abstrakte Reliefs macht, ist er selber schuld, wenn alle hingreifen. Ein Wiener Schnitzel zu tätscheln, ist ja nicht halb so lustig, wie ein Stierfell zu begrapschen. (Und man muss sich nachher nicht die Hände waschen.) Und die Natur-Ikone aus Rinde erst: zerfurcht wie das Gesicht von Rembrandts Mutter. (Ach ja: Es sind Kakerlaken. Und keine Rosinen.)

Galerie Frey

(Gluckgasse 3), Johannes Domenig, bis 30. April

Mo. – Fr.: 11 – 19 Uhr, Sa.: 10 – 16 Uhr

Schwüle Ferrarirotik

Aufzählung (cai)Wenn man einen BMW oder einen Ferrari auf einen einzigen Punkt reduziert, kann man das Auto dann trotzdem noch erkennen? Ja. Sofern es der richtige Punkt ist. Einer, der repräsentativ ist. Der mit der richtigen Farbe. Drum wissen Kenner gleich: Der Punkt dort stammt von einer Harley, nicht von einem Minicooper. Das changierende Orange-Lila flirtet ja direkt mituns. Gut, Barbara Mungenast hat die Punkterln stark vergrößert, bevor sie sie mit Autolack besprüht hat. Eine geradezu pornografische Glätte. Die schlamperten Glocken aus Gips törnen dagegen ab. Aber nichtweil denselben Gips die Zahnärzte verwenden. Oh, romantisch. Wie ein mit Abführtee gemaltes Aquarell.

Gabriele Senn Galerie

(Schleifmühlgasse 1), Barbara Mungenast

Bis 30. April, Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 15 Uhr

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Printausgabe vom Mittwoch, 30. März 2011
Online seit: Dienstag, 29. März 2011 17:01:00

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