Salzburger Nachrichten am 3. Juni 2006 - Bereich: Kultur
Risikofreude hat Potenzial

Der Innsbrucker Galerist Bernd Kugler blickt auf die ersten zehn Jahre zurück HELGA REICHART

Helga Reichart Innsbruck (SN). Er ist Galerist und Draufgänger - der Tiroler Bernd Kugler, Jahrgang 1958. Erst kommt das Technikstudium in München, doch bald wirft er begehrliche Seitenblicke auf Beckmann, Picasso und Beuys. Die "nervige" elterliche Erziehung zum Kunstverständnis beginnt Blüten zu treiben. Dann folgt der sprichwörtliche Kopfsprung ins kalte Wasser und die Gründung einer Galerie "hinter den sieben Bergen" der Nordkette.

"Ein sehr blauäugiges Wagnis", sagt Kugler heute. Mit einem eher unproblematischen Programm tritt er an die Öffentlichkeit Innsbrucks. Er holt Künstler nah an der Zeit in seine Galerie im Zentrum der Stadt: Per Kirkeby, Georg Baselitz, Eugène Leroy. Er bietet Kostproben für Feinspitze - aber die Alpensöhne kauen höchst gemächlich daran. Zwischenzeitliche Durststrecken rauben dem Galeristen nicht den Mut; sie machen ihn eher hungrig, sich intensiv mit der jungen, international relevanten Kunst auseinander zu setzen. Eines Tages sieht er die Bilder des jungen deutschen Künstlers André Butzer - da ist's um ihn geschehen: "Der Drang, mein ganzes Galerieprogramm auf den Kopf zu stellen, hat mich geradezu überfallen."

Die nun folgende Butzer-Schau in der Galerie Kugler ist ein Großereignis - eine Serie der Exponate wird blitzschnell nach London verkauft. "Leider bleiben bis auf wenige Interessenten fast alle ehemals eingeschworenen Galeriebummler dieser provokanten Schau und auch den nächsten Ausstellungen fern." Doch der Tiroler Sturschädel hält durch und nach und nach werden einige große Sammler aus Deutschland und der Schweiz auf den risikofreudigen Galeristen aufmerksam. In der Folge wird Kuglers Ausstellung "Two Bad" (Andreas Hofer) komplett verkauft - und zwar an zwei Sammlungen, die weltweit zu den wichtigsten gehören: Goetz-Collection/München und Flick-Collection/Zürich. Andreas Hofer holt bald darauf in der Londoner Galerie Hauser & Wirth zum internationalen Rundumschlag aus.

Bernd Kugler strebt heute längst über die Tiroler Nordkette hinaus. Sein Galerieprogramm weist immer öfter Künstler mit internationalen Erfolgen aus. Doch er nimmt auch männliche und weibliche Avantgardisten unter seine Fittiche, die noch nicht die ganz große Karriere gemacht haben, seiner Meinung nach aber absolut positive Perspektiven haben. Das sind zurzeit drei Berliner, jung, gespickt mit künstlerischer Energie und unkonventionellen Denkmustern: Baras, Luckhardt, Wulff.

Baras' jähe, monochromen Farbexplosionen in Mal- und Kratztechnik erinnern an die Intensität des Tachismus, zeitgenössisch interpretiert; seine makabren Betonköpfe personifizieren Ende oder auch Neubeginn der Spezies Mensch. Surreale Geschichten erzählen die Bilder von René Luckhardt, während Ulrich Wulff, Vertreter der No-Future-Generation, ausschließlich Profilansichten in bunter Kindermanier auf das Wesentliche reduziert. Stielaugen, Knopfnase und Mund in "klar definierter Form. Und das ist cool so".Ausstellung Bara, Luckhardt, Wulff in der Galerie Kugler, Innsbruck, Hörtnagl-Passage, bis 17. Juni 2006.Information: www.galerie-kugler.at