Bildhauerin auf Umwegen | |
Die Bildhauerin Ulrike Truger hat eine Sissi-Skulptur geschaffen,
die nichts mit dem klischeebehafteten Bild der Kaiserin gemein hat.
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"Auf Umwegen" erst hat Ulrike Truger zur
Bildhauerei gefunden, wie sie sagt. Eigentlich hat sie eine
Lehrerausbildung gemacht und danach gar noch Mathematik studiert. Das
Studium jedoch brach sie irgendwann ab. "Ich bin nicht glücklich geworden
damit", sagt sie. "Jetzt weiß ich, dass es zu kopf-orientiert war."
Danach hat sie herumgesucht, verschiedene Berufe ausprobiert.
Zwischendurch war sie Reporterin, hat dabei auch fotografiert. Doch das
Eindimensionale hat sie nicht befriedigt, sie begann, Objekte aus ihren
Fotos zu machen. Immer räumlicher, immer dreidimensionaler sind diese
geworden, bis ihr klar war: Ich will Bildhauerei studieren. Vom Kunststoff zum Stein Sie studierte in Wien an der Universität für Angewandte Kunst bei
Wander Bertoni, arbeitete dort jedoch hauptsächlich mit modernen
Materialien - mit Kunststoff zum Beispiel. Erst nach dem Studium kam sie
schließlich zum Stein.
Aus Stein ist auch die Skulptur, die in Wien aufgestellt wurde: Am
Karlsplatz - zwischen der Karlskirche und dem Historischen Museum. Drei
Meter hoch und sechs Tonnen schwer ist die Elisabeth-Statue aus weißem
Carrara-Marmor. Die andere Sissi Doch mit der klischeebehafteten Figur der Kaiserin Elisabeth, wie sie
zum Beispiel im Volksgarten steht, hat diese nichts gemein. Sie sei darauf
gekommen, dass es bereits Bücher zur "neuen" Elisabeth gebe, aber noch
kein Bild, keine Skulptur, sagt die Bildhauerin. Durch Gespräche mit den Schriftstellerinnen Lisa Fischer und Renate
Daimler - beide haben über die Elisabeth abseits der gängigen
Vorstellungen geschrieben - entwickelte sich die Idee zur Statue. Gegen das Klischee "Ich fand es interessant, ein Gegenstück zu dem Klischee zu machen, das
in der Vorstellung der Leute immer noch existiert", sagt Ulrike
Truger. Sie habe den Versuch machen wollen, der wirklichen Ambivalenz und
Vielschichtigkeit der Person Elisabeth gerecht zu werden. Das, so meint
sie, habe auch mit Respekt gegenüber der Persönlichkeit eines Menschen zu
tun. Zwischen Aufbruch und Verhaftetsein Der Ansatz bei der Arbeit an der Skulptur sei die Position der
Elisabeth zwischen Aufbruch und Verhaftetsein gewesen. Ein Moment, der
auch bei früheren Skulpturen wichtig war und in den Arbeiten der
Bildhauerin immer wieder Ausdruck findet. So änderte sie den ursprünglichen Arbeitstitel "Das Zurechtrücken des
Sissi-Bildes" schließlich in "Elisabeth. Zwang - Flucht - Freiheit". Für
die Künstlerin sind das die Strukturen, denen die Frau Elisabeth verhaftet
war. Die Möwen sind meine Schwestern Der Zwang, so erklärt sie, das sei das höfische Zeremoniell um die
Kaiserin. An der Skulptur zeigt sich diese Position symbolisiert durch
Fächer und Falten. Nur angedeutet erkennt man dahinter das Gesicht. Im
Mantel, der die Figur hinten umhüllt, spiegelt sich die Flucht vor diesen
Zwängen.
Die Freiheit schließlich wird dargestellt durch einen Flügel an der
rechten Seite der Statue, dessen Fläche von der rauhen Bruchstelle des
Marmors gebildet wird: "Die Möwen sind meine Schwestern", soll Sissi
einmal gesagt haben. Zwang - Flucht - Freiheit Genau diese Ambivalenzen haben Ulrike Truger an der Beschäftigung mit
Elisabeth gereizt, haben sie zur Arbeit an und mit dem Bild der Kaiserin
animiert. Diese Vielschichtigkeiten, so sagt sie, gebe es bei vielen
Frauen. Doch bei der Person Elisabeth seien sie eben besonders
ausgeprägt. "Alles muss schnell gehen" Mehr als ein Jahr hat die Arbeit an der Skulptur insgesamt gedauert,
doch erst heute - mit dem Aufstellen der Figur am richtigen Standort - ist
sie endgültig beendet, so die Künstlerin: "Gerade diese Skulptur gehört in
den öffentlichen Raum."
Ihr Beruf - so wie sie ihn ausübt - sei selten geworden, meint sie
schließlich. Zu langwierig, zu anstrengend sei er offenbar. Zu viel Zeit
brauche der Künstler, um sich mit dem Stein, mit der Skulptur zu
beschäftigen. "Die Botschaft unserer Zeit", so Ulrike Truger, "ist 'Alles
muss schnell gehen'." Aber die Marmorskulptur am Karlsplatz wird
vielleicht doch so manchen Passanten zum Verweilen einladen. Tipp: Am Freitag (16.3.) findet die eigentliche Präsentation der
Elisabeth-Statue statt: Um 17.00 Uhr spricht Lisa Fischer bei der
Skulptur, zudem findet eine künstlerische Aktion statt. Eine
Schriftstellerin, eine Malerin und eine Saxofonistin setzen die
Grundthematiken "Zwang - Flucht - Freiheit" in Text, Bild und Musik
um. Am Samstag (17.3) gibt es ab 10.00 Uhr ein Frühstück im Historischen Museum:
mit Zigeunermusik - eine Referenz an die Ungarn-Freundlichkeit der
Kaiserin. | ||||||||||
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