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Die erste grosse Überraschung der Ausstellung ist das Spiel
zwischen angewandter und freier Kunst. Die Verwendung von Resopal, diesem
beliebten Heimwerker-Material, schien in den achtziger Jahren wie ein
Tabubruch. ‹Table with Pink Tablecloth›, 1965, schien Kitsch und
Illusionsmalerei zu verbinden, verwirrte die Grenze zwischen Skulptur und
Gemälde und bereicherte die strengen Formen des Minimalismus mit Humor.
Heute, nach den vielen Grenzverwischungen der neunziger Jahre, spricht
diese Intarsien-ähnliche Materialverwendung eine vor allem ästhetische
Sprache. Weder geraten die Kategorien noch der Kunststatus in Zweifel. Die
Satzzeichen aus Nylonborsten, die Tür mit Satzklammer daneben oder das
Lesepult ‹Book II (Nike)›, 1981, treten ihre Idee von Benutzbarkeit an
ihre Objekthaftigkeit ab. Es ist deutlich dasselbe Formenrepertoire wie im
Minimalismus, allerdings sehr eigenwillig und poppig behandelt.
Aber dann geraten die neueren Skulpturen in den Blick, die
‹Crates›, 1993, streng geformte Transportkisten, oder die ‹Splatter
Pieces›, direkt auf die Wand platzierte Eckstücke. Es sind intensive
Beschäftigungen mit Gegenständen, die Artschwager in Form und Material
einmal verdoppelt, das andere Mal fast seziert. Klarheit verschaffen dann
die Werke im zentralen Eingangsraum: eine Pyramide und eine Säule von
1994, und vor allem die ‹Haltestelle›, 2002. Dieses überdimensionale
Sitzobjekt liess Artschwager eigens für das MAK anfertigen. Eigentlich ist
es eher ein Thron, aber Artschwager legt mit seinem Titel die Betonung auf
ein meditatives Moment. Und genau darin liegt die anhaltende Faszination
von Artschwagers Werk. Denn er nimmt die Welt der Farben, Formen,
Materialien und Gegenstände auf eine fast autistische Weise sehr ernst.
Eine Transportkiste erhält die Form dessen, was sie transportiert; ein
Stuhl in der Ecke löst sich in eine zweidimensionale, plattgedrückte
Verformung auf; eine Säule als Ort, der ‹vom Zugänglichen ins
Unzugängliche führt› (R.A.); eine Haltestelle ist keine unnütze Leere
zwischen zwei Terminen, sondern ein erhabener Moment des Innehaltens. Die
Gegenstände erhalten eine eigene Sprache, eigene Aussagen, eigene
Wahrheiten. Dass dies bereits für die frühen Werke gilt, wird jetzt in der
Gesamtausstellung beeindruckend deutlich.
Bis 16.6. |
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