Auf der Suche nach Europa

Europa, wo und was es ist, steht im inhaltlichen Zentrum des internationalen Netzprojekts "Eurozine".


Den europäischen Diskursraum darstellen - so lautet das Ziel des internationalen Projekts "Eurozine". Davon zeugen die Texte der Plattform, die redaktionell noch am Beginn steht. Claus Offe, Professor für Soziologie an der Berliner Humboldt-Universität, ist mit einem Artikel über europäische Identität vertreten und auch Adam Michnik, Erasmus-Preisträger des vergangenen Jahres, nimmt sich dieses Themas an.

Versucht Claus Offe den Weg über die Abgrenzung eines vereinten Europas gegenüber dem Konzept des Nationalstaates, so geht es dem polnischen antikommunistischen Widerstandskämpfer Adam Michnik in erster Linie um die vielleicht zu idealistisch gestalteten Hoffnungen, wie sie ein Leben hinter dem Eisernen Vorhang genährt hat. Hoffnungen, die in die EU alle möglichen und in Polen eben unmöglichen Freiheiten projizierten, um nach dem Fall der Mauer freilich enttäuscht zu werden. Seine Rede zum Erasmus-Preis übertitelt er mit "Confessions of a Converted Dissident" und bietet dementsprechend einen (selbst)kritischen Rück- und Ausblick auf jene Aspekte, die gerade die so genannten Länder des ehemaligen Ostblocks in ein gemeinsames Europa hinein tragen könnten.

Transatlantisches und . . .

Auch das Thema Nr. 1, der Anschlag auf das World Trade Center vom 9. September 2001, fehlt nicht auf "Eurozine". Per Wirtém, Chefredakteur des schwedischen Magazins Arena, verknüpft das Thema Globalisierung mit dem Terrorakt in New York und formuliert so seine These von jenem Paradoxon, demzufolge die von Seiten Europas als Amerikanisierung befürchtete Globalisierung nun dazu führe, die Vereinigten Staaten endlich als ein Land unter anderen wahrzunehmen. Amerikanischer Isolationismus und amerikanischer Narzissmus seien in Folge des Anschlags auf das WTC gleichermaßen eines Besseren belehrt, die nationalstaatlichen Grenzen in Frage gestellt worden.

. . . Transnationales

Letzteres behauptet auch Ulrich Beck, Autor der "Risikogesellschaft", der sich Fragen der Sicherheitspolitik annimmt und für ein Experiment "Europa" plädiert, das die "kosmopolitischen Staatenbildung" wagen solle. Denn auch Beck formuliert ein Paradoxon, nach dem Staaten sich gerade auf Grund ihres nationalen Interesses zu de- und zu transnationalisieren haben. Nur eine Politik, die nicht auf Abschottung setzt, sondern auf Öffnung aus eigenem Interesse, gewährleiste im Zeitalter des Transnationalen eine ausgewogene Balance zwischen bürgerlicher Freiheit und Sicherheit.

Das andere Europa

Marginalisierte Themen stehen auf der Visionsliste von "Eurozine" und nicht nur dort, wie der Text von Gaby Zipfel beweist, die sich mit Kriegsverbrechen an Frauen auseinandersetzt. Zitatenreich weist sie nach, dass bis zum Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zum ehemaligen Jugoslawien Vergewaltigungen von Frauen als marginale Begleiterscheinung des Krieges gewertet und daher nicht thematisiert wurden. Der Prozess in Den Haag im Jahr 2001 war der erste der Geschichte, der sich ausschließlich mit Vergewaltigungen und sexueller Gewalt im Krieg befasste und mit Verurteilungen endete.

Namhaftes

Die Liste der auf "Eurozine" abrufbaren Themen und AutorInnen ist lang; Qualität garantieren schon einige Namen, von Slavoj Zizek bis Claudio Magris. Schwerpunkte bilden derzeit die Be-Schreibung eines Kulturraums Europa und die Globalisierung. Die meisten Texte sind in verschiedenen sprachlichen Versionen vorhanden.

Link: Eurozine

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