29. April 2010 - 00:04 Uhr · Von Walter Höfer · Kultur

Nordico: Willibald Katzingers Museums-Perspektiven

Katzingers Museums-Perspektiven
Mit 1. Mai endet im Linzer Stadtmuseum „Nordico“ nach 20 Jahren die Ära von Direktor Willibald Katzinger. Ein Anlass, mit ihm in die Museumslandschaft und deren Zukunft zu blicken.

Er schaut über die Besucherzahlen, die manchmal kritisch hinterfragt werden, hinaus. Denn für ihn „muss das Museum eine Forschungsstätte bleiben, in der man Wissenschafter arbeiten lässt“. Die Anerkennung der Ergebnisse und der Publikationen durch die internationale Fachwelt sei ein wesentlicher Parameter für eine museale Einrichtung.

In diesem Zusammenhang betont Katzinger: „Ein Museum ist so gut wie seine Mitarbeiter.“ Im Falle des „Nordico“ verweist er auf den international anerkannten Archäologen Erwin M. Ruprechtsberger, den im Kunstbereich herausragenden Grafik-Experten Herfried Thaler, den Natur-Abenteurer Erich Pröll oder auf den Fotografen Franz Michalek.

Rund zehn Ausstellungen pro Jahr ergeben für die Laufbahn des Museumsleiters 200 Expositionen. Waren die am besten besuchten auch die besten? Katzinger differenziert: „So manche Schau hat mehr in der Fachwelt Anklang gefunden als beim Publikum. Andererseits waren Ausstellungen mit lebenden Tieren, zuletzt jene über Haie, ein Renner. Aber auch solche mit Bildungsanspruch, geschichtlichen Bezügen oder zeithistorischen Persönlichkeiten hatten ein erfreuliches Echo.“

Weltweit war Willibald Katzinger an den bedeutendsten Museumsstandorten. Und hat dort vor allem „hinter die Kulissen geblickt und festgestellt, dass zum Beispiel das Guggenheim-Museum zwar ein Prunkbau ist, die Mitarbeiter aber beim Ausstellungs-Aufbau mit Erschwernissen und Hindernissen umgehen müssen“.

Neue Intentionen sieht der scheidende Direktor mit gemischten Gefühlen: „Alle sind auf möglichst hohe Besucherzahlen aus, weshalb man ,Events’ inszenieren will. Doch die gibt’s ja anderswo auch.“

Ihm sei nach wie vor das „Alleinstellungs-Merkmal“ der Museen wichtig, dass sie also Forschung, Wissenschaft und Expositionen vereinigen können. Fallen erstere Funktionen weg, seien sie nur noch Ausstellungshallen – und die gebe es auch anderswo.

Foto- und Toninstallationen oder den Audio-Guides werde man sich natürlich nicht verschließen, aber die Stimme im Ohr habe nicht auf alle Fragen der Besucher Antworten parat. Weshalb die Führer(innen) und der menschliche Kontakt nicht zu ersetzen sein werden.

Einzigartig in Österreich

Katzinger ist sich bewusst, dass auch für Museen die Geldquellen nicht mehr so sprudeln können. Daher seien Einrichtungen wie der „OÖ. Museumsverbund“, der in Österreich einzigartig ist, sehr wichtig, denn: „In dessen Datei kann man abrufen, welche Objekte sich wo befinden, und wo noch Bedarf für Museen und Ausstellungen besteht.“ Auch die Verantwortlichen im Land holten sich dort Rat, wenn an sie Wünsche für neue Institutionen herangetragen werden. Auf diese Weise könne man eine Butterfassl-Inflation verhindern (siehe Zitat).

Prinzipiell macht Willibald Katzinger auch den kleineren Orten Mut, Museumsprojekte im Auge zu behalten: „Man soll aber nicht nach Superlativen streben, sondern regionale Spezialthemen forcieren, die auch zur Identitätsstiftung beitragen.“

Schlussendlich wünscht er sich von der öffentlichen Hand, dass sie auf eine völlige Kommerzialisierung des Museumsbetriebes verzichtet und sich die Einrichtungen weiterhin etwas kosten lässt.

Quelle: OÖNachrichten Zeitung
Artikel: http://www.nachrichten.at/nachrichten/kultur/art16,381584
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