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Die Kunst ist ein Playboy

28.02.2008 | 18:12 | ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

Alles friedlich an der „F“-Front?

Die Schirn Kunsthalle in Frankfurt feiert die Impressionistinnen, das deutsche Kunstmagazin „Art“ die „Vamps und Vampire“ unter den jungen Malerinnen – und das Leopold Museum zeigt ab heute, warum den zwei Wiener Malerinnen Ernestine Rotter-Peters und Eva Nagy zeitlebens der Durchbruch versagt geblieben ist. Weil Rudolf Leopold sie nämlich nicht gesammelt hat. Kein einziges Werk der Ausstellung gehört dem Museum, meldet die Apa lapidar.

Dem Sammler in seiner prekären aktuellen Egger-Lienz-Schieflage jetzt deshalb aber auch noch die „Guerilla Girls“ auf den Hals zu hetzen wäre wohl schlicht unmenschlich. Dabei hätte die anonyme feministische Künstlerinnentruppe, die seit Mitte der 80er-Jahre auf die Benachteiligung ihrer Kolleginnen im internationalen Museumsbetrieb aufmerksam macht, auch in Österreich genug zu tun.

Zuletzt aber schlugen sie im fernen Los Angeles zu, wo Milliardär Eli Broad gerade sein neues „Broad Contemporary Art Museum“ mit einer Auswahl aus seiner eigenen Sammlung eröffnete. „How exciting!“, befanden die Girls. Aber halt, „wait a minute...“: Broads Schau sei eine Lehrstunde in Diskriminierung. Von 30 Künstlern sind 97% weiß und 87% männlich. Und das in Los Angeles!

Vier von 30 Künstlern nur weiblich? Hey, Guerillas! Darüber regt ihr euch auf? Hier ein paar Facts aus hysterical old Vienna: Vier von 50 Künstlern weiblich in der Mumok-Ausstellung Kunst und Mathematik (eh klar, oder?). Fünf von 71 in der Batliner-Schau der Albertina. Abstraktion im Kunstforum? Acht von 56. Vom Belvedere (Kokoschka, Messerschmidt, Tony Cragg), Essl-Museum (Lassnig einsam unter großen Pinseln), der Kunsthalle (Syberberg, Barney) und dem Kunsthaus Bregenz (2006 und 2007 gar keine Künstlerinnen) gar nicht erst zu sprechen.

Und dann nennt Playboy Gunter Sachs eine Retrospektive seiner Fotos in Leipzig tatsächlich und völlig unsarkastisch noch „Die Kunst ist weiblich“. Dazu müsse man schließlich nur im Wörterbuch nachschlagen. Allerdings wirklich nur dort, wie es scheint.


almuth.spiegler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.02.2008)


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