"Inverted Retrograde Theme"

Arbeiten des britischen Künstlers Simon Starling in der Wiener Secession.
Von Katharina Menhofer.


Schönbergs Musik werden Sie nicht hören, wenn Sie den Hauptraum der Secession betreten. Lediglich das Klicken von Neonröhren, die tiefer gelegt in den Raum hängen. Zwölf Reihen sind es - sie verweisen auf die zwölf Töne in Schönbergs Musik. Neonröhren, ein Flügel in zerlegter und einer in kompletter Form sind die Komponenten von Simon Starlings Arbeit "Invertet Retrograde Theme". Die Neonröhren flackern zeitgeschaltet in vier verschiedenen Konstellationen auf - eine visuelle Partitur:

"Inverted Retrograde Theme", 2001

Ein typisches Zwölftonstück von Schönberg wurde ausgewählt und beschrieben - es sind 12 Reihen mit jeweils 7 Lampen, also A B C D E F G und die 12 Töne. Auf diese einfache Art hat Starling die Architektur von Schönbergs Musik auf die Architektur des Hauses übertragen.

Die Architektur der Secession kommt dem Künstler bei seinem Projekt dabei sehr entgegen, meint Secessions-Präsident Matthias Hermann: "Die Secession gilt ja immer als der erste White Cube der Geschichte, mit einem Ausstellungsraum als weiße Schachtel. Starling hat mit einem minimalen Einbau eine spannende neue Sicht auf den Raum mit seinem basiliskenhaften Grundriss gegeben er verwendet nur einen kleinen Trick, um den Raum vollkommen zu verändern."

"Inverted Retrograde Theme" in der Wr. Secession

Zerlegte Welt

Es ist ein Charakteristikum von Simon Starlings Arbeit, bedeutungsvolle Objekte zu verwandeln, zu rekonstruieren oder in andere Kontexte zu überführen. Damit stellt er die Frage nach ihrer ursprünglichen Intention und Bedingung. Den zerlegten Flügel aus dem 18. Jahrhundert hat der 34-jährige Künstler in umgekehrter Form wieder zusammengebaut. Die verschieden umgebauten Bestandteile sind im Raum verteilt.

Starling zur Entstehung: "In der Werkbundsiedlung bin ich auf das Adolf-Loos Doppelhaus gestoßen; ich habe eine Fotografie dieses Hauses gesehen, wie es früher ausgesehen hat, und da war ein Bild eines Pianos, das in der einen Seite des Hauses stand. Ich habe überlegt, wie dieses Piano wohl in der anderen Hälfte des Hauses aussehen würde. Eine abstruse Idee, aber sie hat zu diesem Projekt geführt."

Rhododendron-Rettung

In der Galerie der Secession zeigt Simon Starling eine andere Arbeit - "Rescued Rhododendrons" (Gerettete Rhododendren). Eine Videoarbeit mit Vorgeschichte: Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Rhododendron-Pflanze von Spanien nach Schottland importiert und gilt dort als Unkraut.

"Rescued Rhododendrons", 2000

Als Simon Starling erfuhr, dass die Rhododendren in einer schottischen Landschaft ausgerottet werden sollten, machte er sich mit einem roten Volvo als Transportmittel auf den Weg, um die Pflanzen in ihre alte Heimat zurückzubringen. Die Rettungsaktion hat er auf Video dokumentiert:

"An verschiedenen Punkten dieser Reise habe ich Bilder gemacht. Eines geht dabei ins andere über - eine szenenlose Abfolge von Bildern - vom Auto, von der Straße, und den Pflanzen - quer durch Europa. In Spanien angekommen, geht die Reise wieder zurück, invers sozusagen, ins Negative verkehrt - es ist eine konstante Zirkulation über 5 bis 10 Minuten, die von Schottland nach Spanien führt und wieder zurück."

Tipp:

Die Ausstellung von Simon Starling in der Secession ist bis 26. Juni zu sehen.

Radio …sterreich 1