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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
18. Februar 2009
18:43 MEZ

Redeten über Geld und Kunst: Scholten, Reichert, Prehofer, Sperl, Kriesche und Pakesch (v. l.).

 

 


Talfahrt durch die Kunst der Täuschung
Grazer Kunsthaus Jour Fixe über Kurven und Krisen am Finanz- und Kunstmarkt

Graz - Wenn Banker zusammenkommen, reden sie über Kunst, die sie sammeln. Kommen Künstler zusammen, reden sie über das Geld, das ihnen fehlt. An dieses geflügelte Wort erinnerte der Medienkünstler Richard Kriesche beim Kunsthaus Jour Fixe am Dienstagabend in der Needle des Kunsthauses. Dort erörterte Standard-Kolumnist Gerfried Sperl mit einem aus Medien, Kunst- und Bankwesen prominent besetzten Podium, wie sich die Krise der Wirtschaft auf die Kunst auswirkt. Dabei wurde auch hinterfragt, wie "kreativ" beziehungsweise "künstlich" eigentlich diverse Finanzprodukte sind, die Konsumenten jahrelang verkauft wurden, obwohl sie die Gefahr bargen, über Nacht Existenzen zu ruinieren.

Dass dabei auch kunstvolle Täuscher und Blender am Werk waren, kritisierte nicht nur Bawag-Vorstandsmitglied Regina Prehofer, weil nicht offengelegt worden sei, dass solche Produkte "mehr mit einer Wette" als mit Sicherheit zu tun hatten. Ex-Kulturminister Rudolf Scholten, heute Vorstandsmitglied der Österreichischen Kontrollbank, erinnerte an die Masche von Ex-Broker Bernard Madoff, der es Leuten durch vorgegaukelte Unerreichbarkeit "schwer" machte, ihm ihr Geld anzuvertrauen. Damit habe er eine "eine Aura geschaffen, die Zweifel außer Kraft setzte".

Dass es, wie in der Finanzwelt, auch in der Kunst immer um Ab-straktion und Täuschung ging, ist bekannt. Kunsthaus-Chef Peter Pakesch wies auch auf historische Crashs auf dem Kunstmarkt hin, die heute wenigen gegenwärtig sind: Etwa im 18. Jahrhundert in Holland, als Malerei zu inflationär betrieben wurde, oder im Wien des 19. Jahrhunderts.

Umgekehrt gibt es vielleicht auch Kunstwerke oder - wie es der Kultur- und Medientheoretiker Ramón Reichert nannte - "Ikonen", die die Wirtschaftskrise schuf und die uns von ihr bleiben werden. Eine davon sei, so Reichert, der "verzweifelte, männliche Broker, meist in Nahaufnahme, oft mit den Händen vorm Gesicht". Ein Wesen, das "Überblick und Contenance" verloren hat. Und die zweite Ikone ist "die berühmt-berüchtigte Wirtschaftskurve". (Colette M. Schmidt/ DER STANDARD, Printausgabe, 19.2.2009)

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