Art Basel Miami Beach
Sieben Zwerge: Die Art Basel in Miami ernährt ihre Satelliten
Von Lisa Zeitz

03. Dezember 2005 Die Art Basel Miami Beach hat eine Lawine von Messen und Veranstaltungen losgetreten, die ganz Miami in den ersten Dezembertagen zu einer wahren Kulturhauptstadt küren. Dabei sind die weißen und pastellfarbenen Art-déco-Hotels und Temperaturen knapp unter dreißig Grad Celsius von einer Leichtigkeit, die manch einem schwarzgekleideten New Yorker oder blassen Europäer einfach exotisch vorkommen. Zahllose Parties zwischen kerzenbeleuchteten Pools und sturmzerzausten Palmen, Yacht-Ausflüge durch die Inselgruppen und Punk-Konzerte am Strand sorgen dafür, dem Kunstbetrieb die Aura einer einwöchigen Festveranstaltung zu verleihen, während bedeutende Sammler zeitgenössischer Kunst ihre Privatmuseen und Gemächer der Öffentlichkeit zugänglich machen.

Zu den sieben kleineren und größeren Konkurrenz- und Ergänzungsunternehmen der Art Basel gehört zuvörderst und im dritten Jahr mit rund hundert Ausstellern die Nada - eine Abkürzung für New Art Dealers Alliance - in den ansprechenden Ice Palace Film Studios. Die Scope Art Fair, die auch in London, New York und in den Hamptons operiert, ist mit rund sechzig Galerien auf fünf Stockwerken des Townhouse Hotel am Strand von Miami Beach vertreten.

Die Pulse Contemporary Art Fair hat rund fünfzig Teilnehmer in einem Zelt im Wynwood District in der Nähe der großen Sammlungen der Familien Margulies und Rubell versammelt. Und die „Aqua Art Miami” umfaßt 35 Galeristen; benannt ist sie nach dem gastgebenden Aqua Hotel. Da ihre Organisatoren aus Seattle stammen, liegt ihr Schwerpunkt auf Künstlern von der amerikanischen Westküste. „Frisbee” ist als „nomadisches kuratorisches Projekt” und als alternativste (wenn es das gäbe) der Alternativen angekündigt, angesiedelt mit rund fünfzehn Ausstellern im Cavalier Hotel am Ocean Drive. Die Pool Video in der Econo Lodge South Beach widmet sich einem ansonsten auf den Messen von Miami vernachlässigten Medium.

Als spektakulärste Kulisse schließlich darf die brandneue Messe Design.05 im historischen Moore Building gelten: Fünfzehn ausgewählte Design-Galerien sind um einen dreistöckigen Innenhof angelegt und präsentieren modernistische Waren vom Aschenbecher bis zur Treppenstiege. Nilufar aus Mailand hat eine gummierte Deckenlampe von Gaetano Pesce für 5400 Dollar im Angebot, und bei Contrasts aus Schanghai kosten hosenförmige Keramikvasen von Lin Jing 450 Dollar. Die preisgekrönte Architektin Zaha Hadid hat für Design.05 eine fabelhafte Installation geschaffen, die mit futuristischen Armen die gründerzeitlich anmutenden Stockwerke umspannt - sie erhält dafür einen weiteren Preis, als „Designer of the Year”.

Eine besonders schöne Arbeit auf der Nada stammt von dem achtundzwanzigjährigen Engländer Matt Bryans in der Londoner Galerie Kate McGarry. Eine Wand ist über und über mit handtellergroßen Blättern bedeckt, die wirken wie Birkenrinde. Anstatt dunkler Astlöcher schauen Augen aus den Bildern; denn es handelt sich um aus Zeitungspapier ausgeschnittene Gesichter, die mit einem Radiergummi auf die Pupillen reduziert wurden (30 000 Dollar). Die Galerie Tal Esther aus Tel Aviv vertritt hier Daniel Silver, der Stickvorlagen benutzt und verändert, so daß neben dem vorgedruckten Profil der Nofretete eine Satellitenschüssel erscheint (3300 Dollar).

Auf der Scope Art Fair ist die Hotelzimmeratmosphäre traditionell sehr dominant. Im fünften Stock gibt es Glückskekse aus einem Waschbecken, Teil der selbsternannten „Chinese Art Invasion”. Die New Yorker Friederike Taylor Gallery zeigt die städtebaulich beeinflußten Collagen von Lisa Sigal (2500 bis 3000 Dollar) und Buddhaköpfe, die Long-Bin Chen mit einer Elektrosäge aus Telefonbüchern geschnitzt hat (5000 Dollar). Die Bochumer TZR Galerie stellt eine „Büste” des Kroaten Kristian Kozul vor, aus perlen- und spitzenbesetzten Gasmasken geschaffen (10 000 Dollar).

Sehr zufrieden ist der Münchner Galerist Andreas Gegner. Er zeigt auf der Nada unter anderem Arbeiten von Yoshimoto Nara (75 000 Euro) und Videos von Thomas Steffl (8500 bis 13 000 Euro). Seit der Vernissage hat er schon wieder so viel an den Mann gebracht, daß er den Stand komplett umdekorieren mußte: „Alles verkauft sich besser in Amerika. Hier wird Kunst konsumiert”, sagt er, „aber das meine ich ganz positiv.”


Text: F.A.Z., 3. Dezember 2005
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