25.11.2003 21:13
Protest gegen Umbaupläne
"Temporäre Besetzung" des 20er-Hauses macht auf Bespielungs- und
Umbau-Pläne aufmerksam - Mit Ansichtssache - Foto
Wien - In das derzeit eingemottete 20er-Haus, dem lange vom
Museum Moderner Kunst genutzten und beim Wiener Südbahnhof aufgestellten
ehemaligen Österreich-Pavillon für die Weltausstellung in Brüssel 1958, kommt
Leben: Von Sohn und Schwiegertochter des Pavillon-Architekten Karl Schwanzer
(1918-1975) wird eine "temporäre Besetzung" organisiert, mit der vom 27. bis 30.
November gegen die künftigen Bespielungs- und Umbau-Pläne protestiert werden
soll. Vor kurzem hat der Architekt Adolf Krischanitz einen EU-weit
ausgeschriebenen Wettbewerb für den Umbau gewonnen, dessen Realisierung
finanziell jedoch noch nicht abgesichert ist. "Unsere Aktion richtet sich nicht
gegen das Krischanitz-Projekt", betont Martin Schwanzer.
"Wir sind der
Meinung, die Grundlage ist nicht die richtige", meint Martin Schwanzer, dem es
nicht nur um den denkmalschützerischen, sondern vor allem auch um den
kulturpolitischen Aspekt geht. Die Österreichische Galerie, die das 20er-Haus
künftig mit ihrer Sammlung von Werken ab 1918 bespielen will und dafür ein Raum-
und Funktionsprogramm formuliert hat, entferne sich in ihren Plänen von Absicht
und Geschichte des Hauses, in dem vor allem in den 60er und 70er Jahren die
Avantgarde daheim war und die Transparenz des Hauses sich in einer Offenheit für
nicht museale Kunst und Kunstaktionen gespiegelt
habe.
"Permanentausstellungen waren nie der Hauptcharakter des Hauses",
sieht Schwanzer einen "extremen Widerspruch", der nur durch einen teuren Umbau
lösbar wäre. "Dann lieber demontieren - das würde viel Geld sparen", so
Schwanzer, der selbst Architekt ist und sich eine Aufstellung des Gebäudes an
einem anderen Ort gut vorstellen kann: "Wir würden den Pavillon durchaus auch
kaufen. Wir haben eine große Gruppe von emotionalisierten Leuten hinter uns, die
helfen wollen, eine Lösung zu finden."
Schonung
Offiziell
wurde das Siegerprojekt noch nicht vorgestellt, doch Adolf Krischanitz
versichert gegenüber der APA: "Dieses Projekt geht extrem schonend mit der
Substanz um. Schwanzer war mein Lehrer! Wir greifen nur im Untergeschoß ein und
lassen das Haus in seiner Substanz unangetastet." Deshalb bringe man die
erforderlichen neuen Funktionen in einem turmartigen Neubau unter, der jedoch
nicht höher als das 20er-Haus werde und dessen Wirkung nicht beeinträchtige. Man
lasse die Außenhaut unversehrt und errichte innen eine zweite Schicht, mit der
wärme- und lichtsteuernde Effekte erzielt würden. Krischanitz: "Der Pavillon
wird originaler denn je!"
Fraglich
Die Realisierung des
Siegerprojekts ist derzeit jedoch fraglich. Bisher galt der Herbst 2005 als
Neueröffnungstermin ausgemacht. Der dafür zuständige Burghauptmann Wolfgang Beer
heute auf die Frage der APA nach dem weiteren Zeitplan: "Da müssen Sie den
Finanzminister fragen." Derzeit habe man die Mittel zur Realisierung des
Vorhabens nicht, seine Weiterverfolgung hänge von der budgetären Situation ab.
"Ich finde es toll, dass bei einem EU-weiten Wettbewerb die Finanzierung nicht
gesichert ist", kommentiert Krischanitz die Entwicklung, "Wozu macht man dann
überhaupt einen Wettbewerb?"
Hannah und Martin Schwanzer haben jedenfalls
von 27. bis 30. November das 20er-Haus ganz legal angemietet ("Das ist eine
temporäre Besetzung, die jedoch ganz legal ist. Es ist eine Besetzung im
geistigen Sinn.") und künstlerische Aktionen organisiert, "die zeigen sollen,
welche Qualitäten und Möglichkeiten der Nutzung und Bespielung dieser Ort ohne
große und substanzielle bauliche Eingriffe, Veränderungen und Kosten bereits in
seiner jetzigen Form in sich birgt." Der erste Tag ist einem Lokalaugenschein in
Anwesenheit sämtlicher verfügbarer Zeitzeugen und einem "Zwanzgerhaus -
Heurigen" gewidmet, am zweiten, dritten und vierten Tag finden Probebespielungen
statt. Unter dem Motto "Warum war das 20er Haus immer ein Pavillon und soll nie
ein Museum werden?" erforschen Künstler, "die durch ihren interdisziplinären
Ansatz im institutionalisierten Kunst- und Kulturbetrieb keinen Ort haben, die
örtlichen Bedingungen des 20er Hauses, untersuchen ihre Brauchbarkeit und
dokumentieren ihre spezifischen Raumqualitäten und Eigenheiten": Vom 20er-Haus
hin zum "Terminal 21"!
(APA)