Von New Wave zu Tom Waits

Einflüsse und Wandlungsfähigkeit des österreichischen Designers Stefan Sagmeisters.


Die Musik gestaltend zum Ausdruck gebracht zu haben ist nur eine Qualität des Designers Stefan Sagmeister. Er schafft es jedem von ihm gestaltetem Produkt seine persönliche Handschrift zu verleihen ohne sich zu wiederholen. Sagmeister vertritt eine Grenzposition. Wenn er sagt, "Menschen einzureden Dinge zu kaufen, die sie nicht brauchen, mit Geld, dass sie nicht haben, um Menschen zu beeindrucken, denen eigentlich alles egal ist mag heutzutage wohl das schäbigste Geschäft sein", so weiß er um seinen schmalen Platz in der Werbebranche.

Kritischer Künstler

Dieses ambivalentes Verhältnis zum eigenen Tätigkeitsbereich veranlasst Sagmeister seine Auftraggeber ebenso kritisch zu hinterfragen, wie den Auftrag selbst. Beides spiegelt sich auch in der Ästhetik seiner Arbeit wider. Vielleicht ist es gerade die kompromisslose Verfolgung dieser selbstauferlegten Maxime, die Stars wie die Stones, Lou Reed oder Pat Metheny immer wieder von seiner Arbeit überzeugen.

Ideensuche

In seinen Ideen ist stets auf der Suche nach einem Erzählraum, den er jeweils neu definiert - ob das nun eine Bodyperformance ist oder er eine Person in sein Alter ego mittels Farbeffekten verwandelt. Seine Aussagen sind unmittelbar lesbar und seiner Plakate sind schnell reflektierbar.

Wien im Aufbruch

Der Fundus aus dem er schöpft fand Stefan Sagmeister in der Zeit der Aufbruchstimmung der späten 70er und frühen 80er Jahre in Wien. Hier wurden Phänomene geprägt, deren Produkte bis heute ein kreatives Potential auszeichnet. Im vielgestalteten Wechselspiel zwischen Musik, Film, Literatur, Architektur, Malerei, Werbung, Design und Mode suchte die Wiener Szene nach Möglichkeiten zur kritischen Neuformulierung und zeitgemäßen Verwandlung konventioneller Schemata.

Mediale Sprachrohre

Mit der Arena-Besetzung fand im Sommer 76 die Initialzündung zur Formierung der Wiener Alternativkultur statt. Die Gründung der "Arena Stadtzeitung" und des "Falter" 1977 manifestierte diese Gegenkultur. Auch in den Medien erlangte diese Subkultur an Bedeutung. Den Mikrokosmos dieser neuen Kunst-, Musik- und Kreativszene bildeten Szenelokale wie das U4, das Chelsea, in denen Musikgruppen wie die Stand to Fall, Pungent Stench, Hans Platzgumer oder Fetisch 69 ihre spektakulären Auftritt hatten. Oder auch die "Blue Box", Vorzimmer der Redakteure der "Musicbox", einer der legendärsten Musiksendungen dieser Zeit.

Hochschule für Angewandte Kunst

Die Entwicklung dieser kritischen Opposition wird von der Hochschule für Angewandte Kunst unter Oswald Oberhuber mitgetragen. Er beruft Karl Lagerfeld, Jil Sander, Jean Claude de Castelbajac, Vivienne Westwood, Helmut Lang oder Peter Weibel an die Schule. Gastauftritte von Barzon Brock, Joseph Beuys, Alessandro Mendini sind wichtige Impulsgeber für Studenten und Katalysatoren für die Kulturszene.

Studenten

Als Apologeten jener Aufbruchstimmung an der Hochschule gelten Studenten wie Brigitte Kowanz, Franz Graf, Gerwald Rockenschaub, Heimo Zobernig, Erwin Wurm, Hans Kupelwieser, Heiner Dunst, Zelko Wiener, Eva Schlegel, deren Auseinandersetzung mit experimentellen Kunstformen das Schaffen der 90er Jahre mittragen.

Das Zusammentreffen

1981 kommt Sagmeister nach Wien und trifft genau auf dieses intellektuelle Umfeld. Er schöpft aus dem kreativen Wechselspiel mit seinen Kollegen, aus der Ausbildung an der Hochschule selbst und gründet die Gruppe "Gut". Erste Plakatentwürfe für Hans Gratzers Schauspielhaus entstehen.

Erste Sujets

Die Porträts der Einladungskarte zu Stefan Sagmeisters dreißigsten Geburtstag lesen sich wie eine Typologie der Popkultur der 80er Jahre: Vom Post-Hippie und New Wave-Look, über den David Bowie Typ zum Gestus eines Tom Waits. Die Metamorphose Sagmeisters Erscheinungsbildes entspricht seinem künstlerischen Charakter, der aus der Summe der Auseinandersetzungen zwischen Alltagskultur, Musikstilen und Interpreten einen ständigen Wandel vollzieht.

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