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Kunstberichte
Karola Kraus folgt Edelbert Köb als Direktorin des Museums Moderner Kunst (Mumok)

Vernetzen und sammeln

Ein Gespür für das Sammeln von Kunst hat Karola Kraus bereits mit der Muttermilch aufgesogen. Die neue Mumok-Direktorin stammt aus der deutschen Sammlerfamilie Gässlin. Foto: apa

Ein Gespür für das Sammeln von Kunst hat Karola Kraus bereits mit der Muttermilch aufgesogen. Die neue Mumok-Direktorin stammt aus der deutschen Sammlerfamilie Gässlin. Foto: apa

Von Judith Schmitzberger

Aufzählung Neue Direktorin startet am 1. Oktober, ihr Vertrag läuft über fünf Jahre.
Aufzählung Sammlerstocher gilt als Netzwerkerin mit engen Kontakten zu Künstlern.

Wien. Mit Kunst und Künstlern ist sie aufgewachsen, dass sie aus ihrer Kindheit in einer Sammlerfamilie auch eigene Kompetenz gemacht hat, konnte sie auch während der letzten vier Jahre als Leiterin der staatlichen Kunsthalle von Baden-Baden unter Beweis stellen. Ab 1. Oktober tritt die im Schwarzwald geborene Karola Kraus als Direktorin im Museum moderner Kunst an. Sie folgt damit Noch-Direktor Edelbert Köb, der das Haus seit 2002 geleitet hat. Karola Kraus’ Vertrag läuft vorerst über fünf Jahre.

Die Tatsache, dass das Mumok auch über eine eigene – wenn auch finanziell nicht sehr üppig ausgestattete – Sammlung verfügt, war einer der ausschlaggebenden Gründe für die 1961 geborene Kunsthistorikerin, ihren

Arbeitsplatz ab Herbst nach Wien zu verlegen. "Es war immer mein großes Ziel, ein Haus mit eigener Sammlung zu leiten", freut sich Kraus im "WZ"-Interview über die Bestellung.

Internationales Netzwerk

Karola Kraus, Tochter des Sammlerehepaares Anna und Dieter Grässlin, studierte Kunstgeschichte, Literatur und Archäologie in München. 1991 bis 1995 leitete sie den Ausstellungsraum K-raum Daxer in München, in dem sie internationale Kunst ab den 1980er Jahren präsentierte. Nach Jahren als Beraterin internationaler Sammler übernahm sie 1999 den Kunstverein Braunschweig, 2006 die Kunsthalle Baden-Baden. Kraus verfügt aus diesen Jahren über ein dichtes Netz an internationalen Kontakten zu Künstlern, Ausstellungsmachern und Sammlern. Sie gilt als hervorragende Netzwerkerin. Ihr inhaltlicher Fokus liegt – dem neuen Haus entsprechend – auf zeitgenössischer Kunst, als ihr Spezialgebiet bezeichnet sie selbst den Bereich Minimal- und Konzeptkunst.

Konkrete Pläne will die neue Direktorin am 5. Mai präsentieren. Nun gelte es, die rund 9000 Werke umfassende Sammlung des Mumok eingehend zu studieren. Die eigenen Bestände will Kraus künftig in kürzeren Abständen neu präsentieren. Auch eine inhaltliche Verknüpfung mit den Wechselausstellungen des Hauses kann sie sich vorstellen. Das Mumok selbst will Kraus als "ein in Stadt und Region verankertes Diskussions- und Präsentationsforum für zeitgenössische Kunst und Kultur, eine Forschungs- und Ideenwerkstatt mit überregionaler und internationaler Ausstrahlung" positionieren.

Die Kooperation mit den anderen Wiener Häusern ist Kraus ein wichtiges Anliegen: "Ich sehe Nachbarschaft nicht als Konkurrenz. Je mehr Angebote man hat, desto mehr Potenzial hat man auch, viele Besucher nach Wien zu locken."

Neue private Gelder

Dass es keine Budget-Erhöhung geben wird, ist Karola Kraus bewusst: "In jedem Haus muss man neue Möglichkeiten finden, um Gelder zu lukrieren." Gerade in einer Phase der Neuorientierung sieht sie gute Chancen, private Gelder an Land ziehen zu können.

Allgemeine finanzielle Zusagen gibt es aus dem Kulturministerium: "Die öffentliche Hand wird im Kulturbetrieb ein stabiler Partner bleiben", versicherte Claudia Schmied zur Bestellung.

Kraus ist für die Ministerin "absolut erste Wahl", die Synthese aus "Teamorientierung, Qualität, internationaler Reputation, Besucherorientierung und gleichzeitig betriebswirtschaftliches Denken."

Als "erfahrene und sehr gut vernetzte Ausstellungsmacherin, die den Künstlern und der Kunst mit Liebe und Sachverstand gegenübersteht" bezeichnet Gerald Matt, Direktor der Kunsthalle Wien, die künftige Direktorin. Was das Platz-Problem und die von Edelbert Köb immer wieder favorisierte Lösung, das Mumok Richtung Kunsthalle zu erweitern, betrifft, zeigt sich Matt abwartend: "Zuerst muss sie selbst prüfen, ob das Haus überhaupt Erweiterungsbedarf hat. Da will ich nicht vorgreifen." Auch Kraus selbst will erst prüfen, ob neue Räume für das Mumok notwendig und sinnvoll sind.

Abwartend zeigte sich Noch-Mumok-Direktor Edelbert Köb, man könne Karola Kraus "erst in zwei, drei Jahren beurteilen". Er hofft jedenfalls, dass seine Nachfolgerin "das Sammlungsmuseum vertritt", wofür er ihr "Energie, Kraft und Ausdauer" wünscht.

Printausgabe vom Dienstag, 23. März 2010
Online seit: Montag, 22. März 2010 17:54:23

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