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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
03. April 2009
18:40 MESZ

Nach Maastricht macht dieses Brunnenmodell bei Senger (Bamberg) in Salzburg Station. Kostenpunkt: 48.000 Euro.


Kasperl­theater fürs Sammler­glück
Spielwiese für Sammler, Investoren und Ästheten: Die 34. Residenz Messe für Kunst und Antiquitäten lockt bis 13. April nach Salzburg

7,3 Milliarden Euro, die deutsche Privatkunden auf Konten österreichischer Banken horten? Also nur falls der Bedarf bestünde, auch nur marginale Teile davon in Windeseile zu investieren, in Dinge die den Alltag und das Auge erfreuen, Lebensqualität repräsentieren und dabei gleichzeitig nicht vom Wertverfall bedroht sind, dann wüssten 40 Kunsthändler aktuell eine sehr flotte Lösung. Fantasien sind zulässig, und der Gedanke daran ist nicht einmal unrealistisch, schon weil Salzburg für viele Deutsche, in Kilometern gerechnet, bequemer erreichbar ist als manch andere Kunstmetropole.

Zeitgleich mit den seit 1967 stattfindenden Osterfestspielen wurde gestern Abend zum 34. Mal die Messe für Kunst und Antiquitäten eröffnet. Bis inklusive 13. April haben sich in der ehemaligen erzbischöflichen Residenz genannte 40 Teilnehmer eingefunden, und zwar mit einer sorgfältig, auch für das internationale Festspielpublikum vorbereiteten Auswahl. Das Resultat ist eine abwechslungsreiche Spielwiese, auf der versierte Sammler ebenso toben dürfen wie Einrichtungskunden oder Erstkäufer.

Zu der seit Jahren antretenden Stammformation haben sich heuer auch neue Teilnehmer gemischt, sie füllen Ruhestandslücken ebenso wie wohl wirtschaftlich bedingte Absagen anderer Kunsthändler. In die Debütantenkategorie fällt neben der Galerie Française (München) auch Basel-Veteran Johannes Faber (Wien). 

Sein Spitzenstück von Edward Steichen ist ein Appell an die Musikfachwelt, das Unikat eines Porträts von Richard Strauss (420.000 Euro), 1904 in New York entstanden, wo der Komponist die Amerika-Erstaufführung von Zarathustra dirigierte. Eine Kojenecke weiter wartet ein wunderbar erhaltenes Brunnenmodell, um 1760 aus Lindenholz geschnitzt, bei Senger (Bamberg) für 48.000 Euro auf einen Liebhaber.

Mit einem gelungenen Potpourri österreichischer Kunst der Klassischen Moderne überzeugt auch Erstteilnehmer Kunsthandel Freller (Linz): Hier versteigen sich Gämsen in Felsformationen unter der Regie von Albin Egger-Lienz (280.000 Euro), gegenüber wartet Pflegeleichtes für den Wintergarten, in Form eines überdimensionalen Keramik-Papageis aus dem Jahr 1920 (28.000 Euro).

Nebenan offeriert Kratochwill eine Auswahl an österreichischen Zeitgenossen: Nitsch, Muehl, Hollegha und Prachensky, insgesamt ein Overkill der Farben, der einem kurzfristig Tränen in die Augen schießen lässt, wie der Biss auf eine Wasabinuss.

Eine wohldosierte Melange aus Malerei des 19. Jahrhunderts bis in die 1940er-Jahre haben Giese & Schweiger (Wien) inszeniert. Wer schon immer einen See besitzen wollte, ist im Carabinierisaal bestens bedient: mit Ansichten des Mond- (Franz Steinfeld), Atter- (Ludwig Halauska) oder des Zeller Sees (Anton Hansch) in von 28.000 bis weit über 100.000 Euro. Gegenüber tritt Katharina Zetter-Karner (Galerie bei der Albertina) mit Kunstwerken aus der Zeit des Jugendstils an, die kaum Wünsche offenlassen. Einzig der avisierte Hoffmann-Schreibtisch aus dem Jahr 1905 hat es erst gar nicht nach Salzburg geschafft, als Alternative wartet eine andere von J. & J. Kohn ausgeführte Version von 1911 (29.000 Euro).

Der Blickfang wartet hier in einer Ecke, in Form eines Kasperltheaters aus Papier, 1928 von Franz von Zülow für Judith Holzmeister kreiert. 38.000 Euro lautet der Preis, den das Theatermuseum nur zu gerne aufbringen würde. (Olga Kronsteiner, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 04./05.04.2009)

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