Salzburger Nachrichten am 22. Jänner 2007 - Bereich: Kultur
Raubkunst, die ewig hängen bleibt

Während viele Museen in Österreich um Restitution von NS-Raubkunst bemüht sind, bleibt das Leopold Museum in Wien bisher unnachgiebig. NIKO WAHL

Niko Wahl Wien (SN). Auch nach spektakulären Restitutionen wie Klimts "Goldene Adele" gibt es in zahlreichen Kunstsammlungen noch mutmaßlich geraubte Werke. Eine davon ist die Sammlung Leopold im Wiener Leopold Museum. Diese war vom Ehepaar Rudolf und Elisabeth Leopold im Laufe von fünf Jahrzehnten zusammengestellt worden, 1994 wurde sie - finanziert von Republik Österreich und Österreichischer Nationalbank - zur Ausstellung im eigens gebauten Museum in eine Stiftung eingebracht.

Obwohl das Leopold Museum vom Bund finanziert wird und es einen eigenen Provenienzforscher beschäftigt, wurde bisher kein Bild restituiert. Dies war eines der Themen, die in der Vorwoche in einem Symposium über NS-Kunstraub und Restitution in der Wiener Urania erörtert wurden.

Offiziell heißt es, das Leopold Museum sei eine Privatstiftung und unterliege daher nicht dem Kunstrückgabegesetz, dem zufolge die Sammlungen der Bundesmuseen nach zweifelhaften Werken wie den Bildern Klimts durchsucht würden. Und eine Forderung von Erben eines Holocaust-Opfers, das von der israelitischen Kultusgemeinde vertreten wird, nach Rückgabe einiger Schiele-Zeichnungen, wird mit dem Argument abgewehrt, diese Blätter seien nicht Teil der Stiftung Leopold, sondern in Privatbesitz des Sammlers Rudolf Leopold. In diesem Zusammenhang musste sich der Provenienzforscher des Leopold Museums, Robert Holzbauer, bei dem Symposium die Frage gefallen lassen, ob Provenienzforschung überhaupt sinnvoll sei, wenn die Rückgabebereitschaft fehle.

Die Restitution als Industrie Holzbauer stellte in seinem Vortrag außerdem in schillernden Farben eine "lebendige Szene von Anwälten und Opferorganisationen" dar, die auch als "Restitutionsindustrie" bezeichnet wurde.

Die Situation in den Bundesmuseen stellt sich übersichtlicher dar als im Leopold Museum. Hier werden die Bestände auf Veranlassung der vom Wissenschaftsministerium eingesetzten Kommission für Provenienzforschung durchgesehen und rechtmäßige Erben gesucht. Die Forscher selbst geben sich zuversichtlich: Die Archive stünden den Provenienzforschern heute offen, das öffentliche Interesse habe auch einen Druck hinter diese Anliegen gebracht, und auch die Spruchpraxis der Gerichte habe sich im Sinne der Rückgabe verändert. Für die Eigentümer geraubter Kunstwerke sei es nicht mehr so einfach, sich auf Ankäufe im "guten Glauben" zu berufen, sagte Michael Wladika, Provenienzforscher im Wien Museum. Es wird auch nicht mehr zwingend an früheren Urteilssprüchen festgehalten. Das hat zur Rückgabe des geraubten Munch-Bildes an die Erbin nach Alma Mahler-Werfel geführt, mit dem die Rückgabekommission zwei Mal befasst worden ist.

"Es ist noch viel zu tun", sagte Werner Fürnsinn, Leiter der Rückstellungskommission. Zahlreiche Museumsbestände seien noch zu erforschen und Erben ausfindig zu machen. Diese Suche wird durch eine Kunstdatenbank des Nationalfonds unterstützt. Über 8000 Objekte, deren Eigentümer unbekannt sind, wurden im Internet publiziert um die Rückgabe zu erleichtern.

Schwierig bleibt die Lage, wo es keine gesetzliche Handhabe gibt. Vor fünf Jahren wurde die zweifelhafte Herkunft zweier Bilder des Kremser Schmidt im Weinstadtmuseum in Krems bekannt, trotzdem konnte sich die Gemeinde nicht zur Rückgabe an den in den USA lebenden Enkel des einstigen Besitzers Richard Neumann durchringen. Anders reagierte die Gemeinde Lienz im Vorjahr: Sie beschloss, den "Totentanz" von Egger-Lienz an die Erben zurückzugeben.