08.09.2003 19:50
Wertsteigerungen allerorts
15
Jahre Sammlung Generali Foundation Wien: Jüngste Neuerwerbungen fünf
KünstlerInnen stellt die privatwirtschaftliche Institution ins Rampenlicht - Foto
Wien - Man hätte es sich ja auch leicht machen können. Aber
prestigeträchtige Schinken von Malerfürsten und andere Kunst-Blockbuster wird
man in der Generali Foundation nicht finden. Statt schnellen Bilderkonsums
erfordert dieses Kunst-Fenster des Versicherungsunternehmens sehr oft, ganz ohne
Glanz und Glamour längere Texte zu lesen, sich Stunden durch Berge von Archiv-
und Videomaterial zu bewegen. Das muss aber kein Nachteil sein im Wiener Umfeld.
Tatsächlich (positiv) wahrgenommen wird die Foundation eher im Ausland. Der
Künstler Hans Haacke meint, diese Institution sei "weltweit einzigartig".
Grund genug, nach 15 Jahren Sammeltätigkeit Neuankäufe von fünf für die
Kollektion bedeutenden Künstlern - Dan Graham, Sanja Ivekovic, Hans Haacke,
Friedl Kubelka und Harun Farocki - auszustellen und ein bisschen Bilanz zu
ziehen. Zwei Menschen präg(t)en das Profil der in Vorstandsetagen sicher nicht
leicht zu vermittelnden (Konzept-)Kunst oder einer kritischen Kunst: Sabine
Breitwieser, künstlerische Leiterin, und Dietrich Karner, Vorstandsvorsitzender
der Generali Holding Vienna AG. Die ursprünglich als Skulpturensammlung, Marke
Wotruba und Nachfolger, geplante Initiative stieg relativ rasch auf einen
internationalen, erweiterten Skulpturenbegriff um.
Im Tiefspeicher der
Foundation lagern deshalb rund 400 Videos und Filme. 1400 Werke von 160
Künstlern verzeichnet die auch auf Mediengeschichte und Film/Video hin
orientierte Kollektion bis dato. Zu den in der Sammlung oft vertretenen
Künstlern zählen Valie Export, Gottfried Bechtold, Bruno Gironcoli, Heimo
Zobernig, Martha Rosler oder Gordon Matta-Clark.
Wissenschaftliche
Aufarbeitung sowie Bewahren und Erhalten schreibt Breitwieser groß. Ein enormer
Aufwand: Videos müssen alle fünf Jahre auf ein neues Speichermedium übertragen,
Bänder einmal im Jahr "durchgespult" werden. Was schlussendlich angekauft wird,
entscheidet Breitwieser mit einem dreiköpfigen, alle drei Jahre wechselnden
Fachbeirat, ihre wichtigsten Berater, so die studierte Juristin, seien aber die
Künstler selber.
Wirtschaftliche Überlegungen machen, vor allem in
raueren Zeiten wie diesen, nicht Halt vor der Generali. So merken manche
Künstler an, nirgendwo sonst so "beinharte Verträge" vorgelegt zu bekommen. Das
Ankaufsbudget wurde 2002 gestrichen, für Adrian Piper flossen laut Breitwieser
aber dennoch rund 180.000 Euro in die Kassen. Im Vergleich zu heute noch günstig
erwarb die Generali Arbeiten von Künstlern, die erst später vom Kunstbetrieb und
-markt entdeckt wurden. Früh schon erkannte man auch die Relevanz der damals
noch wenig aufgearbeiteten Kunst der 60er- und 70er-Jahre, sei es auf nationaler
wie internationaler Ebene. Die Documenta X (1997) fokussierte auch sehr auf
diese Zeit. Dort fungierte der von der Generali mit Dan Graham entwickelte
Glaspavillon als Videoecke.
Von Wertsteigerungen hören Finanzexperten
gerne und der hauseigene habe ihr, so Breitwieser, gratuliert, nachdem die
Sammlung geschätzt worden war: 117 Prozent Wertsteigerung. (DER STANDARD,
Printausgabe, 6./7.9.2003)