Sex, Macht und Geld | |
Das virtuelle Geld beschleunigt seine Umlauf-
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Roher Fisch, das kalorienarme japanische
Nationalgericht, ist zur kulinarischen Lifestyle-Ikone der jungen,
dynamischen, ewig erfolgreichen Post-Juppy-Generation geworden.
Börsenmakler, Investmentbanker und Start-Up-Fuzzies machen das schnelle
Geld. Sie fahren schnelle Autos und essen deshalb auch gerne schnell. Das
Klischee verbindet sich mit der Wirklichkeit in der beschleunigten Form
des Fast Food - den Running-Sushi-Bars. In der Installation "Running Sushi" in der Kunsthalle Tirol reduziert der
Südtiroler Architekt Armin Blasbichler das Fließbandessen auf die
Taktgeber hinter dem superschnellen Lifestyle. Von einer Seitenwand aus
greift L-förmig eine metallene, mit Wasser gefüllte Fließbandkonstruktion
in den Ausstellungsraum. Die Tabletts stehen auf blauen
Schwimmbrettkonstruktionen, wie man sie aus Hallenbädern kennt. Anstatt
mundgerechter Fischhappen werden den Ausstellungsbesuchern 70 Modelle von
Bankgebäuden präsentiert. Modelle eines internationalen
Architekturwettbewerbes zur Neugestaltung eines Bankenzentrums in der
Innsbrucker Innenstadt. Geldverknüpfung
"Geld Lust:Modell Banking" heißt die neue Ausstellung der Kunsthalle
Tirol. Entsprechend dem Konzept der international renommierten
Institution, stehen die Ausstellungsstücke und Installationen in einem
Wechselverhältnis zum heutigen Lebensstil. In diesem Kontext drängt sich
das Thema, Geld, geradezu auf. Bei der Konzeption ging es dem Leiter der Kunsthalle Tirol, Hubert
Salden, um die Verknüpfung der Logiken, die hinter wirtschaftlichen und
bildnerischen Prozessen stehen. Die Überschneidungen, Parallelen und
Gegensätze werden künstlerisch interpretiert und sind noch bis 8. Juli
2001 in Hall in Tirol zu sehen.
"Geld Lust:Modell Banking" ist eine variantenreiche, witzige, in sich
stimmige Annäherung an den Fetisch Geld. Eine Ausstellung, die auch den
großzügigen atmosphärisch dichten Raum des 1852 erbauten ehemaligen
Salzlagers optimal nützt. Wertlose Millionen 1997 wurde der denkmalgeschützte Industriebau vom Architekten Hanno
Schlögel adaptiert. Auf einer Fläche von 70 x 20 Metern tragen 11, vom
Salzfraß gezeichnete, in regelmäßigen Abständen parallel angeordnete
Säulen eine alte Holzdecke. Die mittlere der 10 Meter hohen, schnörkellos schlanken Säulen ist mit
einer Plastikplane ummantelt. Dahinter wechseln sich in Meterabständen die
Farben Grün, Rot und Blau ab. Das Ausgangsmaterial für die blassen
Farbkombinationen sind geschredderte österreichische Banknoten. Mit seiner
Installation will der Schweizer Franz Gratwohl die auratische, körperliche
Präsenz des Geldes vermitteln. Gleichzeitig thematisiert er mit seiner
Installation das zunehmende Verschwinden des physischen Geldes zu Gunsten
des virtuellen Zahlungsverkehrs. Goldrausch
30.000 Goldtaler leuchten dem Besucher bei der Installation "L'Eta'
dell'Oro" (Das goldene Zeitalter) entgegen. Scheinbar wahllos, zu mehr
oder minder großen "Inseln" gruppiert, bedecken sie den schwarzen Fußboden
der Tiroler Kunsthalle. Erst aus einigen Metern Höhe, vom Mittelplateau
einer Stahltreppe aus, nehmen die "Goldhaufen" Gestalt an. Das Ergebnis
ist eine Supermünze mit mehr als sechs Metern Durchmesser. Ihr Motiv ist
der Kopf eines hungernden Kindes aus der Dritten Welt. Das selbe Motiv ist
auf die Vorderseite jedes einzelnen Goldtalers geprägt. Auf ihrer
Rückseite steht der Leitspruch des amerikanischen Dollars "In God we
trust". Innen sind die Münzen aus Schokolade. Neben der Installation ist eine Geldeinwurfbox angebracht. Um 20
Schilling kann man sich einen Goldtaler kaufen. Der Verkaufserlös wird
einem karitativen Zweck zugeführt. Die Veränderungen an der in ihrer
Substanz schrumpfenden Supermünze werden von einer Webcam gefilmt und ins
Internet übertragen. Vielschichtig und geschickt verknüpfen Alba D'Urbano und Nicolas
Reichelt, in "L'Eta' dell'Oro" die Wechselwirkung zwischen ökonomischem
Gewinnstreben und dessen tragischer Kehrseite. Heile Familie und tote Käfer An Familienporträts aus der Renaissance erinnert eine Fotografie von
Michael Clegg und Martin Guttman. Drei Männer einer erfolgreichen
Schweizer Unternehmerdynastie bilden das Zentrum. Dort sitzen zwei ältere
Herren mit Brille einander zugewandt. Der jüngere Dritte steht dahinter.
Die Insignien der Macht sind die dunklen Anzüge, die nahtlos in den
schwarzen Hintergrund übergehen. Dazu weiße Hemden und Krawatten. Rechts, etwas abseits neben den Männern, steht, als ob sie nicht dazu
gehörte, eine blonde Frau Mitte 30. Ihre Kleidung ähnelt jener der Männer,
nur die Krawatte fehlt. Die aus dem Zentrum gerückte Frau steht
stellvertretend für die in der Gesellschaft nach wie vor vorhandene
Diskriminierung der Frauen. Gleichzeitig symbolisiert das Bild die
Dialektik von Repräsentation und Präsenz, von Pose und Natürlichkeit. Vom Porträt weg führt ein roter Teppich über einen Zwischengang zur
Videoinstallation "Jetzt gehöre ich zu euch", von Franz Wassermann. Auf
drei Videowalls, in verschiedenen Perspektiven, sieht der Besucher, wie
ein Mann im Nadelstreif Maikäfern die Köpfe abbeißt und diese dann
ausspuckt. Vielleicht, so eine mögliche Assoziation, sind die Maikäfer
Menschen und der Mann, der ihnen die Köpfe abbeißt, ist ein dem Bild von
Clegg und Guttman entstiegenes Familienmitglied. Tipp: "Geld Lust:Modell Banking" in der Kunsthalle Tirol bis 8.
Juli. | ||||||||