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05.12.2002 20:25

Karrierewege zur Kunst
Heimo Zobernig im Museum moderner Kunst

Wien - Bezogen auf die Ewigkeit, fällt alles der Nichtigkeit anheim. Damit muss man einmal leben können. Gott sei Dank betrifft das alle, und so wird das Leid geteilt. Das Leid noch weiter zu mildern, wurde die Kunst erfunden. In der Gestalt von Helden, die sich mit Bestemm dem Unausweichlichen entgegenstellten, mit ihrer Hände Arbeit ein Stück Ewigkeit beanspruchten, eroberte sie die Geschichte - veränderte nichts, führte aber zu weiteren Problemen.

Im 20. Jahrhundert dann trieben es die Heroen vielen schon zu bunt. Der Genieflut Herr zu werden, wurde die Moderne erfunden. Die stellte Urinale auf Sockel, die beschimpfte das Publikum. Ein gewisser Fontana ging mit spitzen oder auch geladenen Gegenständen auf Leinwände los. Gemeinerweise nicht auf die der Helden, sondern auf noch unbefleckte. So kam die Metaebene in die Kunst, der symbolische Akt. Zwischendurch gewannen die Helden immer wieder Auftrieb, was wiederum die anderen in ihren Absichten, sie loszuwerden, bekräftigte.

Irgendwann war dann alles nur mehr rückbezüglich. Egal: Am Ende des Tages applaudiert das Publikum immer. Und das Jahrzehnt mit den Schulterpolstern erweiterte den Kunstbegriff um den Faktor Karriere. Damit war endgültig alles öd und leer geworden. Dafür aber ruhelos. Der Christenmensch kennt diesen lästigen Zustand als "akedia". Jetzt konnte Heimo Zobernig auf den Plan treten. Das ist nun auch schon wieder ein Vierteljahrhundert her, und also ist es auch für ihn an der Zeit, Rückschau zu halten: Mid Career Survey ist angesagt. Im Wiener Mumok zunächst, später auch noch in der Kunsthalle zu Basel und in der Sammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.

Die Ausstellung zeigt tatsächlich den ganzen Zobernig. Sie beschert Glücksmomente wie ein Lunapark. Nicht weiß, leer und unauffällig besockelt - wie manche vermutet haben - ist sie geworden, sonden üppig und voll. Recht so. Wenn einer antritt, die Rahmenbedingungen von Kunst, deren Machart und auch Rezeptionsgeschichte als Artefakt gelassen offen zu legen, dann braucht er auch als Künstler kein Geheimnis um sich zu haben. Dann kann er sich in aller gebotenen Verhaltung, dabei spontan zu sein, ruhig ganzheitlich vorstellen.

Mit dem frühen Konzept eines kleinen abenteuerurlaubs fürs wochenende (samt geheimer offenbarung), mit allem, was der Rock 'n' Roll an Nebenprodukten so abwirft (Lederjacken, Mähnen, Schalldämmplatten, Hans Weigand), mit einem "Lexikon der Malerei" samt beigestellter "Farbenlehre", mit Streifen- und anderen Bildern. Und mit einer Gemeinschaftsarbeit mit Fritz Wotruba, der natürlich nichts davon weiß. Aber das ist eben auch Teil der Sockelproblematik. (DER STANDARD, Printausgabe, 6.12.2002)


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