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Klee bis Fuchs oder no risk, more money

08.05.2008 | 18:30 | ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

Wo bleiben in Wien spektakuläre Kunstinstallationen zum Verlieben wie in London oder Paris?

Jetzt wird alles wieder gut, glaubt man dem jüngsten Newsletter des Museumsquartiers: „Diese Woche weicht die Skulpturenausstellung von Thomas Stimm den Boule-Bahnen im MQ Hof 8.“ Hurra! Soll die Kunst doch bleiben, wo sie hingehört, auch wenn es große bunte Blumen wie bei Thomas Stimm sind: In den kühlen Grüften der musealen Monolithen. Bitte den MQ-Sommer voll Spiel, Spaß und Plitschplatsch nicht stören. Vor allem nicht zur regen Festwochenzeit, wo hier jedes Jahr wohl ganz zufällig an den Eingängen diese netten Studenten mit ihren Zählmaschinen auftauchen. Und bald wird wieder ein neuer Besucherrekord vermeldet. Fürs Quartier, nicht die Museen natürlich.

Aber irgendwie auch selber schuld. das Wiener Ausstellungsprogramm ist heuer, sorry, strunzfad. Wenig bis null Mut zu Entdeckungen oder Risiken, die meisten latschen auf staubigen Trampelpfaden oder abseitigen Sackgassen der Kunstgeschichte dahin. Während international Gegenwartskunst-Museen aus dem Boden schießen und die Leute spektakuläre Installationen wie die Unilever-Serie der Tate Modern oder die „Monumenta“ im Pariser Grand Palais lieben, tragen wir neben einer geschlossenen Kunstkammer und einem geschlossenen 20er Haus ab heute Paul Klee in der Albertina, bald die Fantastischen Realisten im Belvedere oder Kunst der Färöer-Inseln im Leopold Museum bei.


No risk, more money. Die Wiener Museumsdirektoren scheinen derart paralysiert zu sein von der Entwicklung, dass gerade jetzt, wo Kunst international doch so beliebt ist wie nie, die österreichische Politik und Privatwirtschaft zu knausern beginnt, dass sie nur noch auf Nummer sicher setzen. Aber wer will schon in Kultur investieren, die keinen emotionalen Mehrwert bietet? Wenn weder Wählerstimmen noch die richtige Zielgruppe erreicht werden kann?

Also lockerlassen. Und mit der letzten Kohle die Künstler rauslassen aus den Mumok- und Kunstforum-Kellern, zurückholen aus den abgelegenen Augarten-Ateliers und Flakturm-Tiefen und einladen in die Hauptgalerien und an die zentralen öffentlichen Orte – wenn sie sich die große, laute, mutige Geste überhaupt noch zutrauen. Und nicht gerade Boule spielen.


almuth.spiegler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2008)


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