diepresse.com
zurück | drucken

03.02.2006 - Kultur&Medien / Kommentare
Kunstlicht: Uns bleibt noch Madrid
ALMUTH SPIEGLER

E
ndlich. Es ist vorbei. Österreich kauft die Klimt-Bilder nicht. Wir in den Redaktionen hatten es ohnehin satt, mit psychedelischen Goldmustern vor Augen schlafen zu gehen und aufzuwachen. Und ehrlich: Mir fällt nichts mehr ein zu Adele und zur Saliera. Und der restlichen Welt anscheinend auch nicht. Anders will ich mir nicht erklären, dass schon wieder tiefste Schubladen aufgezogen wurden - dass man sich über das Honorar eines US-Anwalts ereifert oder "frau" sich in der "Krone" heuchlerisch darüber mokiert, dass Wilfried Seipel auf der Mariahilfer Straße einmal einen "Tschick" weggeworfen hat. Da hört sich doch alles auf.

Und was bitte ist menschenverachtend an 6,50 € pro Stunde für Studenten, die im KHM Aufsicht schieben? Da musste ich einst schon schlechter bezahlte Jobs in eindeutig weniger attraktiver Umgebung annehmen: Klopfen Sie einmal um sieben Uhr früh an Autoscheiben grantiger Autofahrer und wacheln ihnen dann mit einem pappigen Kipferl samt Werbematerial vor der Nase herum.

Nicht unbedingt weniger riskant ist mein nächster Job: Kommende Woche falle ich sozusagen als "embedded journalist" inmitten einer schwer verkaufs- und sendewütigen Galeristen-Armada in Madrid ein, wo Österreich heuer als Gastland bei der Kunstmesse "Arco" seinen international schwer verschatteten Ruf als Kulturhochburg wieder ins rechte Licht rücken sollte.

Riskant? Sie haben keine Ahnung von der heimischen Galeristenszene. Da bleibt kein Auge trocken, wenn das Wort Auswahl fällt. Und um genau diese streitet man hier seit über einem Jahr, schließlich hieß es, für die "Arco" eine ursprünglich auf 16 Galeristen beschränkte Delegation zusammenzustellen. Kostprobe? Erst wurde eine hochkarätige Jury bestellt. Diese nominierte dann tatsächlich die Galerien, die sie wollte. Was die Szene natürlich nicht auf sich sitzen lassen konnte - und eine Aufstockung auf 22 Galerien verlangte, die der Galeristenverband organisieren sollte.

Blöderweise spaltete sich dieser damals gerade - fast alle Seilerstätten-Galerien traten aus. Das hatten die Schwächsten zu büßen, indem sie nicht zur "Arco" nachnominiert wurden: Lukas Feichtner etwa, dem das noch dazu ungefähr wörtlich so ausgerichtet wurde. Und die jungen, nicht ausgetretenen Galeristen Layr:Wuestenhagen, die sich darüber zu Recht ziemlich grämen.

Bisher letztes Gefecht: Die zum skurrilen Showdown ausartende Austria-Arco-Pressekonferenz, die Kunststaatssekretär Franz Morak am Montag in einem Kaffeehaus bei der Albertina schmiss. Die halbe "Szene" hatte sich feixend rund ums übliche Häufchen Kunst-Journalisten zum Frühstück versammelt, während am Podium zermürbend Programmpunkt für Programmpunkt heruntergebetet wurde. Dann ging's los mit den Querschüssen aller Nichtausgewählter, ungerecht Behandelter und an sich nicht Zufriedener von den Nebentischen - da konnte Morak noch so herrisch um Contenance bitten. Beruhigenderweise entglitt auch ihm inmitten dieses vorhersehbaren Tumults ein kurzes hilfloses Lächeln.

Schade nur, dass die am Podium sitzende Arco-Chefin Rosina Gómez-Baeza nichts von dieser so österreichischen Kultur mitbekam. Sie kommunizierte auf Englisch. Doch darauf Rücksicht zu nehmen fiel auch zuvor schon niemandem wirklich ein.

almuth.spiegler@diepresse.com

© diepresse.com | Wien