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02.03.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
MAK: Proteste Gegen Mühl
Neue Vorwürfe gegen Otto Mühl im Vorfeld der MAK-Retrospektive.

Einen Tag vor Eröffnung der Retrospektive von Otto Mühl im Museum für Angewandte Kunst wandten sich vier ehemalige Mitglieder der Mühl-Kommune am Montag in Wien an die Öffentlichkeit. Sie erhoben neue Vorwürfe gegen den Künstler, der 1991 u. a. wegen sexuellen Missbrauchs und Vergewaltigung von Minderjährigen zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde. Seit seiner Entlassung 1997 lebt Mühl erneut in einer Kommune ("Art & Life") in Faro/Portugal.

Die vier Ex-Kommunarden Hans Schroeder-Rozelle, Elke und Ulf von Sparre sowie Rüdiger Paulsen legten ein Protokoll des "Spiegel"-Journalisten Jürgen Kremb vor, in dem zwei junge Frauen aussagen, dass Mühl sie als Kinder zu sexuellen Handlungen gezwungen habe. Eine der beiden sagt, sie musste den Kommunen-Chef bereits als Fünfjährige sexuell befriedigen. Jüngst wurde Mühl in der "Zeit" zitiert, er habe nur mit "entwickelten Mädchen" Sex gehabt. Strafrechtlich scheinen die Vorwürfe nicht mehr relevant, sie sollen verjährt sein, so die Ex-Kommunarden. Ihre Sorge gilt 13 Kindern, Jugendlichen, die zurzeit mit Mühl leben. Mühls Ehefrau soll zugegeben haben, auch heute in Portugal "generationenübergreifende Zärtlichkeit" zu praktizieren. Mühl war für die "Presse" nicht zu erreichen.

Weitere Vorwürfe richten sich gegen die MAK-Ausstellung. Die Kommune werde in Texten als idealistischer Versuch die Welt zu verändern dargestellt, so Schroeder-Rozelle. Kommune inklusive Pädagogik sollen "neu zur Diskussion" gestellt werden. "Was will man hier neu diskutieren?", fragt Schroeder-Rozelle. Gefordert wird, dass alles, was die Kommune betrifft, aus der Schau entfernt und auf Mühls Verbrechen hingewiesen wird. (Die Ausstellung ist noch nicht eröffnet.) Auch stehe MAK-Direktor Peter Noever in starkem Naheverhältnis zu Mühl. Noever zur "Presse": "Eine polemische Unterstellung." Einmal sei er in der Kommune auf Gomera gewesen, bei einer Ausstellung mit anderen Direktoren wie Harald Szeemann. "Man kann nicht immer alles vermischen, Mühl hatte seinen Prozess", so Noever. Kurz nach Mühls Entlassung zeigte Noever im MAK neueste Werke des ehemaligen Wiener Aktionisten. Die Ausstellung "Leben/Kunst/Werk" beginnt morgen, Mittwoch. Zur Eröffnung Dienstagabend spielt die "Art & Life Sahara Baby Band", neun Jugendliche aus Mühls Kommune. sp

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