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Städte setzen auf Kulturleitbilder

Wien, Salzburg, Linz und Dornbirn haben ein Kulturleitbild. In Innsbruck stößt eine langfristige Positionierung auf geteilte Meinungen.

INNSBRUCK/SALZBURG/WIEN. "Linz sieht es als Verpflichtung an, ... die bestmöglichen Voraussetzungen und Bedingungen für eine freie Entfaltung von Kunst und Kultur zu schaffen", steht im Kulturentwicklungsplan von Linz. 2001 lag das Kulturleitbild von Salzburg vor, Dornbirn erarbeitet ab Herbst 2004 einen Kulturentwicklungsplan, in Wien soll das Papier 2005 greifen, Graz ist noch in der Planungsphase.

Diskussionsprozess

Erst jüngst wurde auch in Innsbruck erneut die seit Jahren schwelende Diskussion um ein Leitbild entfacht. Anlass war der Bericht der Kontrollabteilung der Stadt Innsbruck zum Tiroler Symphonieorchester Innsbruck, in dem u.a. auch die Erstellung eines Leitbildes als Grundlage für die Entscheidung über die künftige Gesellschaftsform des Orchesters empfohlen wurde.

In Salzburg hat BM und Kulturreferent Heinz Schaden (S) inzwischen das erste Kulturleitbild-Resümee gezogen, mit dem man einen Schwerpunkt vor allem auf die zeitgenössische Kultur und Kunst setzt. Schaden betont, dass er das Leitbild nicht als Weißbuch sehen will, "das von irgendeiner Seite den Kulturinitiativen aufgedrückt wird. Wir haben uns allein für den Diskussionsprozess ein Jahr Zeit genommen und mit Kulturvertretern - über 100 Beteiligten - über verschiedene Themen spartenübergreifend beraten."
Wichtige Änderungen hat es mit dem Leitbild vor allem im Bereich der Förderungen gegeben. "Ein Wunsch der Kultur waren mittelfristige Förderverträge, die wir inzwischen mit elf Ganzjahreseinrichtungen haben. Zudem wurde beklagt, dass zu Jahresbeginn Förderwünsche eingereicht wurden und es mit viel Glück vor dem Sommer zumindest eine Zusage gab. Bis zu Auszahlung musste man einen Kredit aufnehmen, Zinsen zahlen und alle Unsicherheiten, die damit verbunden sind, auf sich nehmen. Jetzt arbeiten wir ein Jahr im Voraus. Im Herbst findet vor der Budgetsitzung eine Kulturklausur statt, bei der wir mit etwa 70 Einrichtungen deren Förderungen fürs darauf folgende Jahr festlegen", erklärt Schaden. Dass man sich "nach ein paar Jahren inhaltliche Schwerpunktsetzungen wieder ansehen muss", sei unabdingbar. Flexibel zu bleiben, sei aber wichtig, denn "es kann nichts, was im Leitbild festgehalten wird, in Zement gegossen werden". "Oberflächlich läuft alles super, aber in Wahrheit hat man sich mehr erwartet als rausgekommen ist", kommentiert Thomas Randisek vom Dachverband Salzburger Kulturstätten das Papier. Was fehle, sei "eine externe Kontrollgruppe, die die Ziele, Strategien und Schwerpunkte kommentiert". Außerdem seien Expertenmeinungen nicht berücksichtig und keine Analyse des Kulturbudgets vorgenommen worden.

Rahmenbedingungen

Thomas Lindtner, Obmann der Tiroler Kulturinitiative (TKI), wünscht sich dennoch für Innsbruck ein Leitbild, "weil es einfach eine Orientierungshilfe für die Kulturszene ist". Wichtig ist ihm, "dass die Politik Visionen bezüglich struktureller Förderungsmaßnahmen präsentiert". Immer wieder erneuert haben die Grünen ihre Forderung nach einem Leitbild, "um Rahmenbedingungen für die Kultur festzulegen". Grundlage des Diskussionsprozesses müsste die Analyse der derzeitigen Kulturarbeit bzw. vorhandener Defizite sein.
BM Hilde Zach bleibt dagegen bei ihrem Nein. "Ich halte nichts von einem Leitbild, weil es im Grundansatz falsch ist." Kaum habe man einen Kompromiss in allen Punkten gefunden, "hat sich das Leitbild selbst überholt", sagt Zach. Zudem würde man die Kultur "einengen, in ein strenges Reglement pressen, an das sich jeder halten muss". Das hieße aber nicht, dass sie einem Diskussionsprozess über Kultur nichts abgewinnen kann. "Man soll sich in Zirkeln zusammensetzen, aber dann sollen sich die Dingen von selbst entwickeln und die Politik soll sich zurückhalten."
2003-12-29 19:46:12