Rechnungsbücher lösen Herkunftsrätsel

Archivalien klären Verbleib des Eigentums von rund 5.000 Deportierten. Museen in Graz und Wien präsentieren erste Ergebnisse.


Mitarbeiterinnen der Israelischen Kultusgemeinde Wien und des Steiermärkischen Landesmuseums Joanneum sind in der Zuordnung geraubten jüdischen Eigentums einen wichtigen Schritt weiter gekommen. Über die Entschlüsselung der Signaturen der enteigneten Kunstwerke, lassen sich diese nun wieder in österreichischen Museen auffinden.

Schlüssel ohne Schloss

"Am Landesmuseum Joanneum und der Wiener Albertina konnten wir anhand der Rechnungsbücher schon ganz konkret Kunstwerke und deren ehemalige Besitzer identifizieren", erklärte Ruth Pleyer, von der Anlaufstelle für jüdische NS-Verfolgte der IKG im Gespräch mit der APA. Bisher standen die Historiker und Museumsfachleute ja vor dem Problem, dass die Inventarkarten in den Museen zwar die Herkunftsbezeichnung "von Vugesta angekauft" trugen und mit einer rätselhaften Nummer versehen waren, aber keine Namen der ursprünglichen Besitzer verrieten.

Zufälliger Fund

Mit einer Inventarkarte des Landesmuseum Joanneum konnte man schließlich erstmals das Rätsel um die Nummer lösen: Zu einer bestimmten Eingangsnummer im Rechnungsbuch unter dem Verweis "Graz, am 14. April 1942", fand sich im Landesmuseum Joanneum eine Inventarkarte mit der selben (bisher nicht erklärbaren) Nummer, dem Verweis "Ankauf Vugesta" und dem Eingangsdatum "14. April 1942".

Verallgemeinerbare Erkenntnisse

Was hier funktionierte, ließ sich auch schon in weiteren Fällen in der Grazer Neuen Galerie sowie der Wiener Albertina zielführend anwenden. "Wir denken, dass in den Rechnungsbüchern auch für unsere Museumskollegen in den Bundesländern interessante Informationen stecken", so die mit der Restitutionsforschung am Landesmuseum Joanneum betraute Grazer Kunsthistorikerin Karin Leitner.

Umfangreiche "Geschäftstätigkeit"

Bei der Vugesta handelt es sich um das Verkaufsunternehmen der Gestapo (Geheime Staatspolizei) mit Sitz in Wien. Ursprünglich war es gegründet worden, um die Forderungen von Spediteuren wegen rückständiger Lagerzinsen für die zurückgelassenen Habseligkeiten der Deportierten - sogenanntes "jüdisches Umzugsgut" - durch Pfändung zu befriedigen. Die Einrichtung arbeitete eng mit dem Wiener Institut für Denkmalpflege zusammen, das wiederum mit den Museen in Verbindung stand, um diese über Erwerbungsmöglichkeiten durch die Vugesta oder das Wiener Dorotheum zu informieren. Später wurde von der Vugesta auch von der Gestapo beschlagnahmter jüdischer Besitz "verwertet" und auch durch freien Verkauf im Prater unter die Bevölkerung gebracht.

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