Aus der Nähe zeigt sich die große grüne Hecke von Rachel Owens als lebensgefährliches Abwehrmanöver; im Hintergrund passend die Überwachungskamera des Kulturforums in Manhattan.
In der Stadt am Hudson treten alle Kulturen, Lebensstile und politischen Überzeugungen gegeneinander an, im Alltagsleben und auch in der Kunstproduktion. Wenn daher der Experimentalableger des Museum of Modern Art, das P.S.1 in Queens, zum dritten Mal eine Bestandaufnahme der urbanen Strömungen vorführt, Greater New York (bis 18. Oktober), ergibt das notwendigerweise Widersprüche und Dissonanzen.
Schon allein akustisch: Von vielen Installationen, Flachbildschirmen und Lautsprechertürmen hallt es durch die Gänge der mehrstöckigen ehemaligen Schule - eine Polyphonie, die sich auflöst und relativiert, wenn man durch die Klassenzimmer geht. Denn neben Audio-Video gibt es überwiegend ganz andere Werke, von organischen Labyrinthen über traditionelle Fotosammlungen, dokumentarische und Konzept-Kunst, Gender- und Identity-Statements bis zu Werbecollagen.
Auffallend unter ihnen sind etwa die großformatigen Reflections in Black Corporate America von H. W. Williams: Bilder von Schwarzamerikanern in Printinseraten, aus denen die Logos und Texte entfernt wurden, um den Blick auf die Strategien der (ver)führenden Darstellungen freizugeben; oder die Mine von Liz Magic Laser: chirurgische Instrumente, die ferngesteuert den Inhalt einer Handtasche auseinandernehmen; oder die an Hans Haacke erinnernden Dokumentationen der globalen Rendition Flights der CIA, vom Institute for Applied Autonomy. Politisch - und näher an New York - sind auch die Lost Tribes and Promised Lands von Elisabeth Subrin zu deuten. In einer so simplen wie überzeugenden Versuchsanordnung hat sie Kurzfilme von Straßenszenen und Häuserfronten in Brooklyn unmittelbar nach 9/11 mit denselben Orten acht Jahre später verglichen. Die meisten Fahnen sind verschwunden. Geschäfte haben sich total verändert. Eine Klimaanlage ist kaputt.
Insgesamt 68 Künstler und Kollektive hat Museums-Chef und Kurator Klaus Biesenbach eingeladen, die Räume zu füllen. Da als Titelthema nur die vage Ortsbestimmung "New York und Umgebung" vorgegeben war, ist keine eindeutige Tendenz zu erwarten und auch nicht sichtbar. In fünf Jahren wird wohl wieder für Dissonanzen gesorgt werden.
Aus der Ferne fast poetisch
Die Stadtzeitung Village Voice ließ, etwas ungerecht, wenig gute Haare an der P.S.1-Schau. Umso erfreuter äußerte sie sich eine Woche später über die kleine, aber sehr bestimmte Ausstellung zum Thema NineteenEightyFour (bis 5. September) im Österreichischen Kulturforum.
Sie führt vor, wie Künstler (insgesamt 16, aus Europa und Amerika) ein Vierteljahrhundert nach Orwells ominösem Datum 1984 mit den Themen Überwachung und Privatsphäre umgehen: mit der Rekonstruktion von Verhörräumen, mit Found Footage von Überwachungsvideos oder Informationsskizzen zu den Verbindungen zwischen Politik und Geschäft; aber auch mit indirekten Bezügen, die Science-Fiction-hafte oder abstrakte Assoziationen wecken - fast ist man versucht zu sagen "poetische" , wenn man die gläserne grüne Hecke der New Yorkerin Rachel Owens aus der Ferne sieht.
Doch Privet (zu deutsch Weidenstrauch) besteht aus zerbrochenen Flaschen und ist nur eine Übertreibung der Girlanden auf den Mauern, die Arm von Reich fernhalten sollen.
Tot oder lebendig
Wenn man schon in Midtown ist, sollte man auf jeden Fall auch dem vor kurzem eröffneten Museum of Arts and Design MAD am Columbus Circle einen Besuch abstatten. Dead or alive (bis 24. Oktober) ist beides: Auseinandersetzungen mit abgestorbener tierischer Materie und ihre Wiedererweckung zum Leben. Ein Dutzend Künstler, unter ihnen Damien Hirst, stellt aus.
Federn, Knochen, Mäusereste, versteinerte Pflanzen - alles reizt zu organischen Werken, weit von billiger Naturanbetung entfernt. Die Objekte vermögen zu bezaubern, zugleich zu alarmieren - eine Balance, die man angesichts vordergründiger Agitprop für oder gegen Umwelt nicht unterschätzen soll. (Michael Freund, DER STANDARD/Printausgabe, 13.07.2010)
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