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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
09. August 2007
19:50 MESZ
Bis 31. 10. 
Foto: TBA 21
Olafur Eliasson und David Adjaye: Versuchs-anordnung zur Nachhaltigkeit der Horizontlinie.

Erinnerungen in Augenhöhe
Olafur Eliassons und David Adjayes Art Pavilion für Thyssen-Bornemisza Contemporary auf Lopud

Lopud - Im Juni 2006 wurde dem dänischen Künstler Olafur Eliasson der österreichische Friedrich-Kiesler-Preis verliehen. Die Jury würdigte "mit Olafur Eliasson einen, dessen interdisziplinärer Werkansatz eine umfassende Neuorientierung für die Beziehungen zwischen Kunstwerk und Betrachter im Wirkungsfeld von Natur, Kultur, Architektur und Kunst darstellt. Basierend auf wissenschaftlichen Untersuchungen, sowie philosophischen und wahrnehmungstheoretischen Modellen schafft Eliasson komplexe, sinnlich erfahrbare Modellierungen der Parameter Zeit und Raum - ganz im Sinne der inspirierenden umfassenden Werkidee Kieslers."

"Kiesler", meinte Eliasson damals, "hat ja so etwas wie eine Sprache entwickelt. Da stellt sich nun die Frage, ob man diese Sprache nur veranschaulicht, oder sie nicht eher dazu benützt, etwas Zeitgenössisches zu formulieren - und, ob man das dann auch kann. Es gilt zu zeigen, dass man mit Kieslers Ansatz auch heute noch etwas Gültiges schaffen kann." 2008 soll im Kunsthaus Bregenz dann das "Labor" für Wahrnehmung des Olafur Eliasson seine Vorschläge zur zeitgemäßen Anwendung der Kiesler'schen Modelle mit Bezug auf die spezielle Architektur Peter Zumthors vorstellen. Gesucht wird nach einer Form der Umsetzung, in der es keine Rolle spielt, ob die Exponate jetzt Kunst oder Architektur sind.

Eliasson beschäftigen Raum und Zeit, welcher Disziplin Erkenntnisse bzw. Formulierungen er nutzt, um zu letztendlich immer sinnlich erfahrbaren Versuchsanordnungen zu gelangen, zu Stationen, die Geborgenheit in gemeinhin vorausgesetzten Erfahrungsverlauf hinterfragen, ist irrelevant. Architektur ist dabei keine schnöde Abgrenzung seiner Modelle einem womöglich störenden Außen gegenüber, weder Wetterfleck noch Rüstung, ein Allerheiligstes zu wahren. Architektur ist integraler Bestandteil von Eliassons Anordnungen, der Architekt im Idealfall Partner im Labor.

Prototypisch für Olafur Eliassons Weigerung, die Diszi-plinen als je singulär zu deuten, die Kunst und den Kunstraum getrennt voneinander zu verhandeln, ist The Black Horizon, eine Gemeinschaftsproduktion mit dem Londoner Architekten David Adjaye (U. a. Nobel Peace Center, Oslo).

The Black Horizon bietet über 360 Grad einen Horizont in Augenhöhe, eine umlaufende Lichtquelle, die in einem Loop von 15 Minuten die spektralen Verschiebungen des natürlichen Lichts der jeweiligen Umgebung simuliert. Die Architektur dient einzig der Konzentration auf das immaterielle Wesen des Lichtes. David Adjayes Pavillonkonstruktion hat 2005 auf San Lazzaro in Venedig das Licht der Lagune konzentriert - und dort all jenen, die sich auf die nötige Aufenthaltsdauer eingelassen haben, die Nachhaltigkeit der Wahrnehmung "Horizont" veranschaulicht: Die helle Linie "brennt" sich ins Gesichtsfeld ein, hallt als Erinnerung im realen Außen nach.

Zurück im Tageslicht, teilt die Horizontlinie als schwarzer Strich für einige Zeit das Bild der Umgebung in Hälften. Das zu verdeutlichen, hat Adjaye die Ein-/Ausgangssituation des Pavillons als "Lattenzaun" gestaltet. Dort trifft der nun schwarze Horizont (ein Schatten, die Erinnerung als Funktion des Körpers) im rechten Winkel auf die Planken, die das Landschaftsbild segmentieren. Der Alltag erscheint gerastert, wird anschaulich, das Realbild wird zur Karte seiner selbst.

Derzeit "parkt" "The Black Horizon" auf Lopud, einer kroatischen Insel vor Dubrovnik, gibt das spezielle Licht vor Ort wieder; und zeigt darüber hinaus, was die Thyssen-Bornemisza Art Contemporary von geplanten weiteren Art Pavilions erwartet: Einheiten, die, nicht nur geografisch gesehen, mobil sind. (Markus Mittringer / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.8.2007)


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