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„Man sammelt immer sich selbst“

14.02.2007 | 19:09 | ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

„OWNING ART“. Der beste Ratgeber seit langem teilt Insiderwissen mit Anfängern.

Eines geht am Kunstmarkt zurzeit anscheinend immer noch: mehr. Mit einem Umsatz von 45,7Mio.Pfund feierte Sotheby's vergangene Woche die erfolgreichste jemals in Europa abgehaltene Versteigerung zeitgenössischer Kunst. In Minutenabständen fielen in London die Rekorde: Etwa 5,7Mio.Pfund für das meditative Wasserbild „Weißes Kanu“. Dabei war das Gemälde des magischen Neo-Realisten Peter Doig auf höchstens 1,2Mio. geschätzt worden.

Der 1959 geborene Schotte ist nur einer von vielen internationalen Superstars am Markt, die man in Österreich praktisch nicht kennt. Besser ist es hierzulande um das Wissen um Anselm Kiefer, den deutschen Mystiker, bestellt: Auch er darf seine Preislatte wieder ein wenig höher legen, sein düster-poetisches Riesenformat „lasst tausend Blumen blühen!“ von 1999 erzielte bei Christie's 1,8 Millionen Pfund.

Die deutsche Post-Beuys-Generation legte überhaupt eine starke Performance hin: Der teuerste unter ihnen, Gerhard Richter, liegt nur noch knapp vor seinem Kollegen Sigmar Polke, beider Werke erzielten neue Höchstpreise. Das Museum moderner Kunst widmet Polke heuer übrigens eine in Wien lange erwartete umfassende Retrospektive des einflussreichen Malers.

Wird der Kunstmarkt zurzeit an sich schon von einem unglaublichen Erfolgsfieber geschüttelt, hat er in einer kecken Aufwärtskurve schon fast wieder das Niveau der letzten Hausse von 1990 erreicht (wie die Grafik des Artprice Index zeigt), ist das Prägnanteste daran aber immer noch der Erfolg der lebenden Künstler. Noch nie wurde dermaßen viel Geld für zeitgenössische Kunst ausgegeben. In den vergangenen Jahren wandelte sie sich vom elitären Minderheitenprogramm zur Massenunterhaltung, in England zumindest gehen mehr Leute in Museen als zum Fußball.

Warum das so ist, darüber gibt's die unterschiedlichsten Theorien: Die banalste ist wohl auch die wahrste und stammt von Thea Westreich, New Yorker Kunstberaterin: „Für viele ist das Sammeln einfach eine riesige Party, und Partys liebt jeder.“ Nachzulesen im fachkundigsten Buch über das Sammeln, das in letzter Zeit erschienen ist. Bisher allerdings nur auf Englisch.


Vom richtigen Verpacken zum Stiften

„Owning Art“, verfasst von der Kunstjournalisten Louisa Buck und der Sammlerin Judith Greer, ist ein verständlicher und ungemein detaillierter Ratgeber, der den Einsteiger vom ersten Schritt in die Galerie an liebevoll bei der Hand nimmt, ihn dann von der richtigen Verpackung bis zur korrekten Archivierung der vorher mit eigenem Profil versehenen Sammlung begleitet – und ihn schließlich mit Tipps zum richtigen Stiften wieder loslässt. Die wichtigsten Kunstmesse, größten Illusionen (Kunst als Investment), schlimmsten Fettnäpfchen – alles wird ohne Dünkel gemeinsam durchgestanden.

Man merkt dem angenehm schlicht aufgemachten Buch die gründliche Recherche jedenfalls an, verliert nie das angenehme Gefühl, dass hier keine Plattitüden, sondern Insiderwissen weitergegeben wird. Das Schönste an dem Band aber ist, dass sowohl der Markt als auch die Kunst nicht trivialisiert werden, die Kunst nicht losgelöst als Ware betrachtet wird. Denn wie wird so schön Baudrillard zitiert: „What you really collect is always yourself.“

„Owning Art, The contemporary Art Collector's Handbook“, Louisa Buck und Kdith Greer, Cultureshock Media.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2007)


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