Das Künstlerhaus am Wiener Karlsplatz machte in letzter
Zeit mit Budgetnöten und Expansions-Plänen Schlagzeilen. Ansonsten
verteidigt es in teilweise erstaunlich experimentellen Ausstellungen
seinen Ruf als Pflegeplatz des jungen Designs und der Architektur. Wer
dachte da schon an die 500 Mitglieder der 1861 gegründeten größten
österreichischen Künstlervereinigung! Ausstellungen der beigetretenen
Künstler finden neben den Großausstellungen eher unbeachtet in der
kleinen, hauseigenen Galerie statt.
Unfair? Nicht medienwirksam genug, keine
Publikumsmagneten? Mangelt es an der Qualität? Ein mutiges Lebenszeichen
war überfällig - die mehr oder weniger bewußt vernachlässigte Tradition
eines Künstlerhaus-"Salons" wurde wiederbelebt.
Der Salon - eine offizielle Veranstaltung zur
Präsentation der akademisch anerkannten Kunst. In die Kunstgeschichte
gingen eher die Gegenveranstaltungen - wie der 1863 initiierte Pariser
"Salon des Refusés" der Abgewiesenen Manet, Cézanne, Pissarro - ein.
Heute wirkt ein traditioneller Salon also einerseits
ziemlich verstaubt. Verspricht andererseits aber auch Informationen, in
welche Liga die Mitglieder des Künstlerhauses einzuordnen sind. Zusätzlich
hatte Wien zur Jahrhundertwende eine eigene Salon-Tradition, eher im
gesellschaftlich-literarischen Milieu angesiedelt. Hier knüpft der
Untertitel des "Salons 2002" an: "Im Zentrum: Diskurs".
Nicht nur schauen, auch diskutieren soll man also. Zu
diesem Zweck wurden im Haus - den Mitgliedern stehen sowohl Erd- als auch
Obergeschoß zur Verfügung - lauschige Sitzgruppen arrangiert, im Großen
Saal blitzt Kaffeehausatmosphäre auf. Zur Förderung des beschworenen
Diskurses wurden die Künstler aufgefordert, knappe Statements
mitzuliefern, die nun prominenter als der Titel des ausgestellten Werks
auf der Beschriftung zu lesen sind.
Wer durfte aber beim Künstlerhaus-"Salon" ausstellen, wie
wurde ausgewählt? Man beschränkte sich diplomatisch auf einen neutralen
Zeitraum: Präsentiert werden nur die Neuaufnahmen der vergangenen elf
Jahre, von 1990 bis 2001. Immerhin 80 Künstler, von denen insgesamt 250
aktuelle Arbeiten gezeigt werden.
Bei Durchsicht der Namen stößt man überraschend auf
einige Altmeister, die wie ein Aufputz, wie in letzter Zeit noch schnell
geangelt, aus der Namensflut herausstechen: Hrdlicka, Attersee, Josef
Pillhofer, Xenia Hausner. Auch der junge Kurzfilm-Star Virgil Widrich ist
vertreten: mit Videostills aus seinem 2002 Oscar-nominierten Film
"Copyshop".
Dominant ist jedoch neben Photographie, Installation,
Architekturmodell die Malerei - immer noch lebend und in
marketinggerechten Abständen auch immer wieder neu proklamiert. In dieser
Disziplin enttarnen sich die gröbsten Qualitätsunterschiede der
ausgestellten Künstler. Von abstrakt bis gegenständlich, monochrom,
plakativ, grell, ist alles vorhanden. Geschmäcklerisches und unangenehm
Selbstverliebtes hängt gleichberechtigt neben intensiver Qualität. Einige
Male kann man sich des Gedankens nicht erwehren, daß sich manches Mitglied
für die Zukunft wenigstens in der Hausgalerie schleunigst einen Platz
sichern sollte.
So drückt etwa ein einziges Bild Xenia Hausners elegant
die anderen Maler im selben Raum an die Wand. Auch eine Pillhofer-Bronze,
die in ihrer genialen Abstraktion wie ein mythisches Kleinod aus einem
Science-Fiction-Streifen erscheint, hat ein leichtes Spiel gegen seine
Konkurrenten. Ebenfalls schlicht und angenehm bescheiden: ein archaisches
Figuren-Paar aus Ton, durch einen Ziegel in Augenhöhe gerückt - "In den
Augen wohnt die Seele" wählte Barbara Michl-Karácsonyi als ihr Statement.
Im Künstlerhaus haben jedenfalls wieder die Mitglieder ein Zuhause
gefunden - und für Unterhaltung sorgt ein dichtes Begleitprogramm von
Performances, Atelierbesuchen und - ach ja, der Diskurs.
Bis 22. 9., tägl. von 10 bis 18, Do. und Fr. von 10
bis 21 Uhr.
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