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20.08.2002 - Ausstellung
Zu Hause ist's am schönsten: Salon der Akzeptierten
Das Künstlerhaus in Wien zeigt, was es hat: 80 Mitglieder stellen ihre neuesten Arbeiten aus - viel Malerei und Architektur, weniger Photographie und ein bißchen Multi-Media.
VON ALMUTH SPIEGLER


Das Künstlerhaus am Wiener Karlsplatz machte in letzter Zeit mit Budgetnöten und Expansions-Plänen Schlagzeilen. Ansonsten verteidigt es in teilweise erstaunlich experimentellen Ausstellungen seinen Ruf als Pflegeplatz des jungen Designs und der Architektur. Wer dachte da schon an die 500 Mitglieder der 1861 gegründeten größten österreichischen Künstlervereinigung! Ausstellungen der beigetretenen Künstler finden neben den Großausstellungen eher unbeachtet in der kleinen, hauseigenen Galerie statt.

Unfair? Nicht medienwirksam genug, keine Publikumsmagneten? Mangelt es an der Qualität? Ein mutiges Lebenszeichen war überfällig - die mehr oder weniger bewußt vernachlässigte Tradition eines Künstlerhaus-"Salons" wurde wiederbelebt.

Der Salon - eine offizielle Veranstaltung zur Präsentation der akademisch anerkannten Kunst. In die Kunstgeschichte gingen eher die Gegenveranstaltungen - wie der 1863 initiierte Pariser "Salon des Refusés" der Abgewiesenen Manet, Cézanne, Pissarro - ein.

Heute wirkt ein traditioneller Salon also einerseits ziemlich verstaubt. Verspricht andererseits aber auch Informationen, in welche Liga die Mitglieder des Künstlerhauses einzuordnen sind. Zusätzlich hatte Wien zur Jahrhundertwende eine eigene Salon-Tradition, eher im gesellschaftlich-literarischen Milieu angesiedelt. Hier knüpft der Untertitel des "Salons 2002" an: "Im Zentrum: Diskurs".

Nicht nur schauen, auch diskutieren soll man also. Zu diesem Zweck wurden im Haus - den Mitgliedern stehen sowohl Erd- als auch Obergeschoß zur Verfügung - lauschige Sitzgruppen arrangiert, im Großen Saal blitzt Kaffeehausatmosphäre auf. Zur Förderung des beschworenen Diskurses wurden die Künstler aufgefordert, knappe Statements mitzuliefern, die nun prominenter als der Titel des ausgestellten Werks auf der Beschriftung zu lesen sind.

Wer durfte aber beim Künstlerhaus-"Salon" ausstellen, wie wurde ausgewählt? Man beschränkte sich diplomatisch auf einen neutralen Zeitraum: Präsentiert werden nur die Neuaufnahmen der vergangenen elf Jahre, von 1990 bis 2001. Immerhin 80 Künstler, von denen insgesamt 250 aktuelle Arbeiten gezeigt werden.

Bei Durchsicht der Namen stößt man überraschend auf einige Altmeister, die wie ein Aufputz, wie in letzter Zeit noch schnell geangelt, aus der Namensflut herausstechen: Hrdlicka, Attersee, Josef Pillhofer, Xenia Hausner. Auch der junge Kurzfilm-Star Virgil Widrich ist vertreten: mit Videostills aus seinem 2002 Oscar-nominierten Film "Copyshop".

Dominant ist jedoch neben Photographie, Installation, Architekturmodell die Malerei - immer noch lebend und in marketinggerechten Abständen auch immer wieder neu proklamiert. In dieser Disziplin enttarnen sich die gröbsten Qualitätsunterschiede der ausgestellten Künstler. Von abstrakt bis gegenständlich, monochrom, plakativ, grell, ist alles vorhanden. Geschmäcklerisches und unangenehm Selbstverliebtes hängt gleichberechtigt neben intensiver Qualität. Einige Male kann man sich des Gedankens nicht erwehren, daß sich manches Mitglied für die Zukunft wenigstens in der Hausgalerie schleunigst einen Platz sichern sollte.

So drückt etwa ein einziges Bild Xenia Hausners elegant die anderen Maler im selben Raum an die Wand. Auch eine Pillhofer-Bronze, die in ihrer genialen Abstraktion wie ein mythisches Kleinod aus einem Science-Fiction-Streifen erscheint, hat ein leichtes Spiel gegen seine Konkurrenten. Ebenfalls schlicht und angenehm bescheiden: ein archaisches Figuren-Paar aus Ton, durch einen Ziegel in Augenhöhe gerückt - "In den Augen wohnt die Seele" wählte Barbara Michl-Karácsonyi als ihr Statement. Im Künstlerhaus haben jedenfalls wieder die Mitglieder ein Zuhause gefunden - und für Unterhaltung sorgt ein dichtes Begleitprogramm von Performances, Atelierbesuchen und - ach ja, der Diskurs.

Bis 22. 9., tägl. von 10 bis 18, Do. und Fr. von 10 bis 21 Uhr.



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