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Das runde Quadrat
![Aufzählung Aufzählung](00093337-Dateien/wzfeld.gif)
(cai) Ein mal eins ist eins. Mehr muss man eh nicht wissen, um zu
überreißen, was denn die Pointe ist. Von diesem minimalistischen Witz
mit dem Titel "One Square Meter".
(Nein, Minimalismus ist kein Synonym fürs Kleine
Einmaleins. Zum Multiplizieren sagt man ja nicht "Malismus".) Der
Quadratmeter, den Ivan Moudov hergestellt hat, ist jedenfalls kein
Viereck mit einer Seitenlänge von einem Meter (ein Meter mal ein Meter
gleich ein Quadratmeter), er ist ein Kreis . (Durchmesser:
112,8665 cm.) Der Humor des Bulgaren ist also anscheinend eine Scheibe.
Oder eine Kugel? Über die postkommunistische Discokugel kann man sich
zumindest köstlich amüsieren. (Ähm, ein Knödel aus Alufolie? I wo.) Oder
soll man erschüttert sein, weil das womöglich eine Allegorie der Armut
auf dem Balkan ist?
Bloß ein einziges Spiegelplättchen ist auf dem rotierenden Ball drauf
und ein Spot wartet geduldig, bis es wieder einmal vorbeikommt. Die
einsame Reflexion,die immer kurz über die Wand huscht, schmachtet man
dann an wie den Mond, von dem es ja auch nur einen gibt. Die Realität
bewältigt Moudov offenbar durch leicht irritierende Aktionen, die so
unaufdringlich wie unverfroren (und originell) sind. Dabei dilettiert er
enthusiastisch in diversen Berufen. Als Fernsehkoch macht er "Turkish
Sushi" (schneidet von fertigen reisgefüllten Weinblättern einfach die
Enden ab und präsentiert das Mittelstück als Maki), als Jäger erlegt er
einen Teddy und weidet ihn aus (tja, die kuscheligen Zeiten sind
vorbei), und als Müllmann karrt er volle deutsche Müllsäcke über die
polnische Grenze und stopft sie den Polen in die Mülltonnen. Die Tonne,
die beim Hilger rumsteht (Aufschrift: "Dieser Müll wird in Polen
entsorgt"), ist garantiert ein Test. Wer da seinen Mist reinwirft, outet
sich als einer, der die andern jene Suppe auslöffeln lässt, auf der er
selber dahergeschwommen ist. Nein, in die er gespuckt hat. (Hä? Wie
bitte?)
Hilger Contemporary
(Dorotheergasse 5), Ivan Moudov, bis 14. Mai
Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 16 Uhr
Das Lächeln der Pappel
(cai) Bücher macht man bekanntlich aus Bäumen. Herbert Golser erspart
sich freilich den Umweg, das Holz vorher zu Papier zu verarbeiten, er
sägt die Bücher gleich direkt aus dem Stamm heraus. Blatt für Blatt.
Schneidet die Pappeln oder Birnbäume so fein auf wie Schinken. (Na ja,
vielleicht nicht ganz so dünn.) Die Buchseiten wellen sich
wie bei Romanen, die in die Badewanne gefallen sind. Und daneben stapeln
sich appetitliche "Palatschinken" aus Holz. Golser tranchiert das Holz
dermaßen virtuos, dass einem die Spucke wegbleibt. Aber wer würde schon
erstklassige Kunst anspucken wollen? Und dauernd hat man das Gefühl:
Oh,da hat sich was bewegt! Allerdings viel subtiler als das Holz unterm
Hintern vom Zappelphilipp, von diesem Sesselschaukler. Ach, wenn man nur
lange genug wartet, werden Luftfeuchtigkeit und Temperaturschwankungen
es bestimmt irgendwie schaffen, eine hölzerne Buchseite umzublättern .
Okay, das wohl doch nicht. (Übrigens: Die Theorie, dass die Mona Lisa
bloß lächelt, weil das Pappelholzbrettl, auf das sie gemalt ist, sich
leicht verzogen hätte, ist vermutlich falsch.)
Galerie Frey
(Gluckgasse 3), Herbert Golser, bis 10. Juli
Mo. – Fr.: 11 – 19 Uhr, Sa.: 10 – 16 Uhr
Das innere Mammut
(cai)Sehr menschlich sind Herbert Albrechts Figuren nicht. Eher architektierisch. Tschuldigung: -tonisch .
(Obwohl: Der Mensch gehört ja ebenfalls zu den Tieren.) Die Anatomie
wird hier zum strengen "Bauwerk". Und die sinnlich glatten Bronzen in
der Galerie Chobot (aus den letzten 25 Jahren) zeugen von einem
konsequent analytischen Œuvre. Wie handlich mancheauch sein mögen, im
Innern sind sie alle Mammuts.
Galerie Chobot
(Domgasse 6), Herbert Albrecht, bis 4. Juni
Di. – Fr.: 13 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 16 Uhr
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Printausgabe vom Mittwoch, 11. Mai 2011
Online seit: Dienstag, 10. Mai 2011 17:07:00