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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
18. Februar 2009
20:49 MEZ

Kunstmuseum Liechtenstein, Städtle 32, 9490 Vaduz, bis 26. 4.

 

"S. R.", Installation von Matti Braun: schwimmende Lotusblätter, Bohrkerne oder Säulen eines versunkenen Tempels?

 

 


Bohrkerne und Brennstäbe
Matti Braun im Kunstmuseum Liechtenstein

12.000 Meter tiefe Blicke in die Erdkruste - weiter hinunter ging es nie: In Kola, einem Ort in der arktischen Tundra nördlich des Polarkreises und nahe der norwegischen und finnischen Grenze, finden sich einzigartige, seit 2,5 Milliarden Jahren fast unveränderte Gesteinsformationen. 1970 begann man in Kola mit den Bohrungen, die 1994 schließlich diese beeindruckende Tiefe erreichten.

Matti Braun, der 1968 in Berlin geborene Künstler mit finnischen Wurzeln, entführt in dieses "Kola". Ein Ort, dem die Bohrkerne aus menschlich unermesslichen Tiefen eine mystische Aura verleihen und den Braun im Kunstmuseum Liechtenstein in geheimnisvolle, minimale Installationen von immenser ästhetischer Kraft übersetzt. Es ist nicht das Geologische allein, das Braun interessiert, vielmehr fasziniert ihn die Ambivalenz von Orten und Geschichten: Kola ist bedroht durch ein Zwischenlager für ausgebrannte Brennstäbe von Reaktoren sowjetischer Atom-U-Boote.

"S. R." heißt die raumgreifende Installation Brauns, die diese dunkle Kraft des Radioaktiven und die unheimliche Tiefe zu vergegenwärtigen scheint. Baumscheiben schwimmen auf einer tiefschwarzen Wasseroberfläche, so unergründlich dunkel wie unermesslich tief. Ein surreales Bild, das auch an die kreisrunden Blätter der Lotusblume erinnert.

Das Seemotiv mit Lotusblumen hielt Matti Braun, der in den Medien Fotografie, Malerei und Objekt arbeitet, in Rumänien fest. Wie das fernöstliche Gewächs dorthin kam, ist Quell neuer Geschichten. Eine führt etwa zum Träger der Initialen S. R., dem indischen Regisseur Satyajit Ray, der einen solchen See im Drehbuch zum nie realisierten Film "Alien" beschrieb. Und die Geschichte geht weiter.

Allein dies Beispiel zeigt, wie Matti Braun Fakten, Erinnerungen, Bilder und Formen aus kulturellen, historischen und geografischen Zusammenhängen zu einem komplexen, aber die Sinne betörenden Netz spinnt. (kafe/ DER STANDARD, Printausgabe, 19.2.2009)

 

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