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Galerien in Wien: Entspannen Sie sich, es ist nur eine schlechte Show

14.02.2007 | 19:09 | MANISHA JOTHADY (Die Presse)

Die Galerie Bleich Rossi zeigt eine große Installation des Briten Merlin Carpenters, dessen künstlerisches Konzept wohl die absichtliche Verunklärung ist.

Der Brite Merlin Carpenter (*1967) ist dem Wiener Publikum spätestens seit seiner Einzelschau in der Secession 2000 bekannt. Serien monumentaler Malereien waren damals in einer kathedralartigen Cella im Hauptraum zu sehen. Sie zeigten Models, deren Körper oder Gesichter über edle Limousinen geblendet waren. Schriftzüge wie „Valentino“ und „Lancia“ knallten einem entgegen und um den Look des Glamourösen noch etwas aufzufetten, parkte außerhalb der Cella ein luxuriöses Motorboot.

Warenfetischismus und Kunst – beide haben sie etwas Religiöses. Wollte Carpenter uns das damals zeigen? Worin lag die im Pressetext angesprochene „Entmystifizierung der Malerei“? Etwa darin, dass malerische Flachwaren wie teure Fahrzeuge Luxusgüter sind? Für dieses Wissen hätte es keine Ausstellung Carpenters gebraucht.

Dass es vor allem Malerei ist, auf die er in seinen Installationen immer wieder fokussiert, liegt an der langen Tradition dieses Mediums. Seit dem 20.Jahrhundert sind Kunstschaffende der Königsdisziplin unter den bildenden Künsten zunehmend skeptisch begegnet. Sie betraf vor allem ihre Dekorativität und Verwertbarkeit.

Dass es Carpenter in diesem Sinne nicht nur um Kritik geht, sondern ebenso stark um Affirmation, zeigt auch seine aktuelle Präsentation in Wien, wenngleich er hier mit Vokabular operiert, das vorerst gar keinen Sinn ergeben will. Denn was bloß hat mittelalterliches Rittertum mit Malereibedarf aus dem 21.Jahrhundert zu tun? Ausgehend von Pastellkreidezeichnungen, für die skulpturale Konterfeis edler Ritter Modell standen, hat Carpenter eine Reihe großformatiger Mischtechniken selben Sujets geschaffen, die alles andere sind als historische oder repräsentative Porträts (22.000€). Den Gesichtern sind nämlich sowohl malerisch als auch real Staffeleien vorgeblendet (siehe Abb.).

Soll hier Porträtmalerei als Auftragsmalerei auf die Schippe genommen werden? Oder setzt sich Carpenter ironisch mit dem Ready-Made auseinander, indem er einen so bezeichnenden wie banalen Gegenstand wie die Staffelei letztlich wiederum porträtiert?


Sakrale Aura fürs Portfolio

Ironie und Komik scheinen aber so gar nicht das Anliegen zu sein. Dazu wirken die Bilder viel zu melancholisch. Dafür spricht auch die Farbgestaltung der Galeriewände, die jener englischer Mittelalter-Kirchen nachempfunden ist und dem Projekt sakrale Aura angedeihen lässt. (Recht profan hingegen wirken die schwarzen Portfoliotaschen, die als Kunstwerk 2200€ wert sein sollen.)

Bleibt schließlich nur noch, sich über den Ausstellungstitel „Relax It's Only a Bad Cosima von Bonin Show“ zu wundern. Wie viel Insiderwissen braucht man, um ihn zu verstehen? Vielleicht will Carpenter mit seinem Schaffen einfach nur Bedeutungen verunklären, statt sie freizuschöpfen. Aber wovon und wozu reden wir dann überhaupt? (Bis 10.3., Dominikanerbastei 19, Wien 1)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2007)


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