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27.01.2006 - Kultur&Medien / Kommentare
Kunstlicht: Schluss mit dem Klimt-Geplänkel!
ALMUTH SPIEGLER

G
enau zehn Tage ist es her, dass Ministerin Elisabeth Gehrer den Spruch des Schiedsgerichts akzeptiert hat. Und wo sind wir jetzt angelangt, nachdem Auktionshäuser und Kunstspekulanten weltweit schon längst fertig hyperventiliert und (vermutlich) ihre Angebote hinterlegt haben? Jetzt kündigt die Republik Österreich an, die Bloch-Bauer-Erben brieflich (!) um einen Preis-Vorschlag ersuchen zu wollen. Na dann dépêche-toi, spute dich - ruft den Herold und sattelt das Pferd!

Dieses Geplänkel wirkt international einfach lächerlich. Entweder will die Regierung die Bilder zurückkaufen oder eben nicht. Anscheinend will sie es nicht. Wir werden es verkraften. Und weiteres wochenlanges Gezicke bliebe uns erspart. Soll doch der freie Markt entscheiden. Mitsteigern können potente Patrioten ja immer noch.

Bei der ganzen Angelegenheit aber die heimische Wirtschaft in die Pflicht nehmen zu wollen ist absurd. Was wäre überhaupt die Gegenleistung für dieses "Sponsoring"? Rund um "Adele I" die Wände mit Firmenlogos zu pflastern? In erster Linie sollte sich die Wirtschaft - wie einst Zuckerfabrikant Ferdinand Bloch-Bauer - um die lebenden Künstler, die Klimts von morgen, kümmern. Für den Erhalt des kulturellen Erbes ist immer noch der Staat zuständig.

V
ielleicht ist es gerade diese fal sche Dynamik, die zeitgenössi sche Künstler jetzt dazu bewegt, sich scheinbar geschlossen gegen einen Rückkauf auszusprechen - noch dazu am liebsten mit der abfälligen Bemerkung, Klimt sei sowieso überschätzt. Man kann ihnen im Hinblick auf ihr eigenes Erbe nur andere Kollegen wünschen.

Denn dass Klimt im europäischen Vergleich - die goldene Adele entstand 1907 parallel zum Kubismus - nicht die Speerspitze der Avantgarde bildete, steht ja wohl nicht zur Debatte. Sein Stil ist ein Insel-Phänomen. Und dieses bürgerlich behütete Eiland in der Gischt des Moderne-Meers hieß nun einmal Österreich. Das ist die Geschichte, die unsere Museen zu Recht spiegeln sollen.

Vielmehr wäre dieses so neu erwachte Interesse für Klimt eine Chance, den Blick freizubekommen von all den kitschigen Adele-bedruckten Kaffeetassen. Und zu sehen, was etwa Akademie-Rektor Stephan Schmidt-Wulffen hier sieht: Klimts "aberwitzigen Gedanken, ein völlig realistisches Porträt in ein flächiges Ornament einzusetzen. Das ist verrückt schräg. Als würde Mondrian über einen seiner Balken eine Maus laufen lassen."

almuth.spiegler@diepresse.com

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