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Schicksalseinbrüche in Bildern

In Shanghai sind ab morgen unter dem Titel „Damage“ großformatige Bilder der in Traunkirchen und Berlin lebenden Xenia Hausner zu sehen. Die OÖNachrichten sprachen mit der Künstlerin.

OÖN: Ihr Vorname kommt aus dem Griechischen und bedeutet entweder „die Gastfreundliche“ oder „die Fremde“. Wann und wo fühlen Sie sich fremd, wann und wo zuhause?

Hausner: Die primäre Bedeutung ist eben „die Fremde“, „Gastfreundin“ ist erst die abgewandelte Bedeutung. Ich denke, ich bin gastfreundlich, aber fremd bin ich eben auch oft, im Sinne von einer Wurzellosigkeit oder einer Sehnsucht nach Verankerung, die mich öfter im Leben heimsucht oder befällt. Insofern ist der Name schon auch Programm. Und wo? Also, ich fühle mich hier in Oberösterreich schon sehr zuhause, wirklich. Ich meine, ich arbeite hier primär und bin auch nicht das ganze Jahr da, aber das ist schon ein Ankerpunkt hier für mich.

OÖN: Wie kommen Sie ausgerechnet nach Traunkirchen?

Hausner: Durch das Haus, das ich hier gefunden habe, das Haus hat mich hierhergelenkt. Ich kannte dieses Haus schon als Kind, weil hier der Maler Sergius Pauser einmal gewohnt hat und sein Atelier auch hier gehabt hat. Meine Eltern waren mit ihm befreundet, und ich bin als Kind mit meiner Familie hierher auf Besuch gekommen. Viele Jahre später haben sein Sohn und seine Witwe dieses Haus verkauft.

OÖN: Sie leben aber auch in Berlin. Brauchen Sie diesen Kontrapunkt Metropole / ruhigeres Landleben?

Hausner: Ich halte diesen Kontrapunkt für total notwendig. Das Leben an diesen sehr unterschiedlichen Orten schärft den Blick, die Wahrnehmung für das, was in der Welt vor sich geht.

OÖN: Wie kam es zur Ausstellung in Shanghai, die Peter Assmann kuratiert?

Hausner: Es sind vor Jahren chinesische Kuratoren in Wien gewesen und haben Künstlerateliers besucht, so auch meines. Da blieb ein Kontakt, und schließlich hat sich das Ganze über eher unerwartete Ecken weiterentwickelt, und schlussendlich ist diese Ausstellung zustande gekommen. Peter Assmann zeigt in den oberösterreichischen Landesmuseen chinesische Videokunst bei der Ars Electronica – insofern ist das auch ein Austausch.

OÖN: Der Titel der Ausstellung lautet „Damage“, und das Plakat zeigt eine Frau, die gegen eine Windschutzscheibe geschleudert wird. Was bedeutet die Auseinandersetzung mit dem Thema Zerstörung für Sie?

Hausner: Für mich ist das die Auseinandersetzung mit Unvorhergesehenem, mit Schicksalseinbrüchen. Wenn ich die Ausstellung in Deutsch hätte betiteln können, dann hätte ich sie „Das blinde Geschehen“ genannt. Auch durchaus bewusst nach einem Stück von Botho Strauss, weil mir das sehr gut gefällt und auch auf ein Willkürmoment im Leben hindeutet.

OÖN: Am meisten interessiert Sie also der Schicksalsschlag.

Hausner: Ja, es sind diese sehr willkürlichen Situationen und Abläufe, die im Leben stattfinden. Ich schau mir die Käfer in meinem Waschbecken an, die ins Badezimmer fliegen im Sommer. Und ich habe eine sehr scharfe Bewusstheit für dieses Schicksalsstrudeln, was da in jedem Wesen drinnen ist, ob das ein Mensch ist oder ein Tier, und dieses elende Strampeln, sich von einem Waschbeckenrand zu befreien und da ewig entlangzuklettern. Aus einer göttlichen Perspektive heraus – ich bin der Gott über dem Waschbecken, wenn Sie so wollen –, und ich schau mir die an, die Viecherln, die da herumstrampeln, und wenn ich nicht aufpasse, drehe ich einfach auf, den Wasserhahn, ich mein’s gar nicht bös mit ihnen, aber ich drehe nur den Wasserhahn auf, und sie sind runtergespült. Und es hat keinen Plan! Es ist eine vollkommene Planlosigkeit. Ich gehe zum Waschbecken, drehe den Wasserhahn auf, und sie sind – schwupp! – weg. Aus ist es mit ihnen. Und ich versuche in meinem ganz kleinen Bereich ein gerechtes System zu etablieren, und wenn ich an dieses Waschbecken gehe, helfe ich allen, die da strampeln, heraus und schleudere sie dann zum Fenster hinaus in den Garten. Wahrscheinlich ende ich irgendwo in einer christlichen Mission oder in irgendeiner Mutter-Teresa-Nummer, keine Ahnung.

OÖN: Haben Sie das Gefühl, mit Tabuzonen zu spielen?

Hausner: Warum soll das tabu sein?

OÖN: Wenn Sie Zerstörung, beispielsweise einen Autounfall, ästhetisch umsetzen ...

Hausner: Bei mir ist immer Empathie dabei, nicht ein Voyeurismus. Meine Themen sind ja eher Einsamkeit und Gefühlsbedarf, das ist die rote Linie in meinen Bildern.

OÖN: Gibt es schon ein Projekt nach Shanghai?

Hausner: Als Nächstes stelle ich in Frankreich aus, im Würth-Museum bei Straßburg, und dann gibt es im Essl-Museum eine große Ausstellung nächsten Oktober.

OÖN: Fällt es Ihnen schwer, sich von Ihren Bilder zu trennen?

Hausner: Das wollen die Leute immer wissen! Nein, ich weine nicht, wenn sie verkauft werden. Manche halte ich gerne zurück und trenne mich bewusst nicht von ihnen, weil ich auch gerne Bilder im Atelier habe, weil ich ja auch mit den Bildern arbeite und lebe. Ich kann ein leergefegtes Atelier nicht gebrauchen.

 

Hausner in China

Mittwoch wird im Shanghai Art Museum die von Peter Assmann kuratierte Xenia-Hausner-Ausstellung „Damage“ eröffnet, die bis 7. November zu sehen ist. Zur Ausstellung erscheint der gleichnamige Katalog im Hirmer-Verlag (152 Seiten, ca. 75 Farbabbildungen).
 

Kommentare
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Artikel 11. Oktober 2011 - 00:04 Uhr
Sarah Estermann
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Xenia Hausner in ihrem Atelier in Traunkirchen  Bild: Gerald Y. Plattner

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