Salzburger Woche am 12. Mai 2006 - Bereich: Stadt Nachrichten
Mozart in der Karaoke-Bar

"Vergiss Mozart" lautet der Titel einer Ausstellung, die im Rupertinum die mediale Vermittlung des Komponisten - auch in Salzburg - thematisiert. MICHAEL STADLER

SALZBURG. Drei Tage lang hat der Robert F. Hammerstiel versucht, Salzburg-Besucher ihre in der Mozartstadt gedrehten Videofilme abzukaufen. Bis zu 200 Euro hat er dafür hingeblättert. Nunmehr sind die ungeschnittenen Aufnahmen der Touristen, die auf den Spuren Mozarts wandelten, Teil einer Videoinstallation. Über zwei Bildschirme flimmern die Amateurvideos, während auf einem dritten Monitor der Film "So weit so nah II" von Hammerstiel gezeigt wird. Dieser präsentiert im Zeitraffer die Bilder aus einer fix in Mozarts Geburtszimmer montierten Kamera, deren Objektiv auf den Hagenauerplatz gerichtet war. Wie Ameisen bauen sich Besuchergruppen und Individualtouristen vor der Gedenkstätte auf, lauschen den Erläuterungen ihrer Führer, fotografieren, filmen und verschwinden wieder. Im Zeitraffer wirkt dies grotesk - besonders in Kombination mit dem originalen Videomaterial der Touristen, das auf den beiden flankierenden Bildschirmen des "Tryptichons" zu sehen ist.

Die Annäherung des 1957 in Pottschach geborenen Künstlers an den heutigen Umgang mit Mozart ist originell und humorvoll, aber niemals demaskierend. Der Parcours, der sich in den Räumlichkeiten des Rupertinums über drei Etagen erstreckt, bietet den Besuchern viel Abwechslung. Der Film "Look at me" zeigt den Tagesablauf eines Studenten namens Charles, der sich seinen Lebensunterhalt verdient, indem er sich in den Fußgängerzonen dieser Welt in eine weiße Mozartstatue verwandelt und als solche vor Passanten posiert: vom Aufbau der Inszenierung über die Performance und deren Publikum bis zum Abschminken. Auf einem anderen Bildschirm ist wiederum eine junge Frau zu sehen, die sich um 4 Uhr morgens in einer Karaoke-Bar mit unüberhörbar zweifelhaftem Erfolg an einer Arie aus der "Zauberflöte" versucht. Unweit davon bewegen sich Pferde und Reiter der Spanischen Hofreitschule zu Mozarts Klängen - gespielt von einer Militärkapelle - durch den Sand der Reithalle.

Auch Fotos fehlen in der Schau, die das Museum der Moderne bis zum 9. Juli zeigt, nicht. Immerhin ist Hammerstiel bisher in erster Linie als Fotokünstler in Erscheinung getreten. In "Vergiss Mozart" zeigt er unter anderem großformatige Bilder aus dem Geburts- und Wohnhaus des Komponisten, welche die Inszenierung vermeintlicher Authentizität vor Augen führen.