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Nitsch hofft noch auf "ein, zwei oder gar drei 6-Tage-Spiele"

48-stündige Dokumentation der Musik des 6-Tage-Spiels von 1998 an diesem Wochenende im Wiener Haus der Musik - 51-teilige CD-Edition - 2-Tage-Fest im August 2004 geplant.

Wien (APA) - Ein ungewöhnlicher Event ergänzt an diesem Wochenende der Superlative (Life Ball, Festwochen, Song Contest und jede Menge Popkonzerte) das üppige Programmangebot für Wiener Kulturfans: Von Freitag (23.5.) bis Sonntag (25.5.) ist im Haus der Musik eine Dokumentation des Prinzendorfer 6-Tage-Spiels von Hermann Nitsch aus dem Jahr 1998 zu erleben.

Im verdunkelten Innenhof, in dem ein großformatiges Schüttbild aufgehängt wurde, wird im Verlauf von 48 Stunden (jeweils zwischen 10 Uhr vormittags und zwei Uhr früh) die komplette, 51 CDs umfassende Gesamtaufnahme der Musik des 6-Tage-Spiels zu hören sein. Dazu gibt es auf fünf Monitoren und einer Großleinwand Videos der Aufführung sowie naturreinen Wein aus Prinzendorf.

Die von dem jungen amerikanischen Musikverleger Gary Todd aufgenommene und gemasterte Musik ist zunächst nur als signierte Vorzugsausgabe mit Partiturbänden, Plakat und Zeichnungen des Künstlers erschienen. Lediglich zwei Restexemplare der 40 Stück umfassenden Mini-Auflage sind noch (zum Preis von 950 Euro) erhältlich, doch Hermann Nitsch versprach bei einem Pressegespräch am Donnerstagvormittag für Herbst das Erscheinen einer wesentlich erschwinglicheren Version in höherer Auflage. "Ich bin unheimlich angetan von der ganz hohen Aufnahmequalität", versicherte der Künstler, der hofft, dass seine Musik durch diese Aufnahme einen höheren Stellenwert im Rahmen seines Gesamtwerks erhält: "Die Musik ist es wert, dass man sich auf sie konzentriert."

"Meine Musik kommt vom Geschrei, vom Lärm her", erzählte Nitsch, "Der Schrei liegt ja entwicklungsgeschichtlich vor der Sprache, er begleitet höchste Erregung." Seine Musik habe keinen illustrativen Charakter. Dass die gezeigten Videobilder nicht synchron mit der eingespielten Musik laufen könnten, sei zwar bedauerlich, es handle sich aber bei diesem dreitägigen Ereignis im Haus der Musik lediglich um eine Dokumentation. Um sein Konzept des Orgien Mysterien Theaters voll erfassen zu können, sei es notwendig, ein Aktion live zu erleben: "Das Erleben eines Spiels von mir ist das Allerwichtigste!"

Nach einem Fest am Pfingstsonntag, bei dem von Weinkeller zu Weinkeller gezogen werden soll ("Die Leute haben verlernt, sich der Lebenslust und der Freude hinzugeben") bietet sich die nächste Chance dazu bei einem 2-Tage-Fest im August 2004. Das nächste 6-Tage-Spiel hofft Nitsch "in ein paar Jahren" realisieren zu können. "Es ist eine Geld- und eine Kraftfrage. Ich bekomme und beanspruche ja keine Subventionen. Ich hoffe, dass ich es gesundheitlich durchstehen werde, noch ein, zwei oder gar drei 6-Tage-Spiele zu realisieren. Es ist ja nicht so, dass ich mich zur Ruhe setze. Sie werden ständig verändert und verbessert."

Im Oktober soll in der Sammlung Essl eine große Nitsch-Retrospektive gezeigt werden. Dagegen finde er es sehr schade, dass ihm Staatsoperndirektor Ioan Holender das Vertrauen für "Parsifal" 2004 entzogen habe, meinte der Künstler, der 1995 an der Staatsoper Massenets "Herodiade" realisiert hat. "Ich hätte mir das sehr gewünscht, 'Herodiade' war ein formalistisches Spiel für mich, bei 'Parsifal' wollte ich in die Tiefe gehen. Mit Szenographie will ich künftig nichts mehr zu tun haben." Dafür werde sein 2004 geplantes 2-Tage-Spiel "viel mit 'Parsifal' zu tun haben".

"Hermann Nitsch - Die Musik des 6-Tage-Spiels, 23. bis 25.5., 10 Uhr bis 2 Uhr früh, Eintritt für alle drei Tage: 3 Euro, Haus der Musik, Wien 1, Seilerstätte 30, Info: 01 / 516 48.
2003-05-22 12:53:33