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Die kleinen Störungen der Idylle

Die Kunsthalle Wien widmet dem Südtiroler Fotografen Walter Niedermayr eine große Personale.

WIEN. In seiner ersten ganz großen Ausstellung zeigt der stille Künstler unterschiedlichste Facetten seines einzelgängerischen Werks. Denn sah man bisher hauptsächlich Landschaften, in denen Eingriffe durch den Menschen ihre mehr oder weniger fatalen Spuren hinterlassen haben, so dringt er in seinen nun gezeigten Zyklen auch in urbane Räume vor.

Transiträume haben es Walter Niedermayr generell angetan, das Eingesperrte ebenso wie das Ausgegrenzte. "Zivile Operationen" umkreist der 50-jährige Bozner, der in den renommiertesten Fotogalerien der Welt zu Hause ist, in seinen oft vielteiligen Bildzyklen. Niedermayrs Bilder sind auf einen ersten Blick unspektakulär, statisch in sich ruhend, Strukturen der Natur umkreisend. Blickt man genauer hin, bemerkt man allerdings kleine "Störungen" in diesem Idyll, Eingriffe durch den Menschen, die das Gleichgewicht der Natur nachhaltig stören.
Etwa die Masten von Skiliften oder Schneekanonen, bzw. - bei städtischen Ambienti - monströse Autobahnkreuze oder unheimlich leere Gebäude. Aber auch die beunruhigende Atmosphäre von Krankenhäusern scheint Niedermayr neuerdings zu interessieren, das Zwischenräumliche zwischen Leben und Tod, Selbst- und Fremdbestimmtheit, Wartesaal und Operationssaal.

In Walter Niedermayrs Bildern geht es zwar um den Menschen, seinen - gefährdeten - Lebensraum, seine Verletzlichkeit, seine Endlichkeit. Real spielt er allerdings eher die Rolle des Statisten, der bunten "Ameise", die sich fröhlich auf weißen Skihängen tummelt.

Das Individuelle wird durch die extreme Perspektiven, die Walter Niedermayr bevorzugt, marginalisiert, der Operateur genauso wie der Operierte wird zur Metapher für Macht und Ohnmacht.
Walter Niedermayrs Bilder sind pure Abbildungen der Wirklichkeit, um trotzdem ein eigenartig surreales Flair zu verströmen. Dies gelingt durch einen gezielten Umgang mit dem Licht, der dem Abgebildeten die Tiefenräumlichkeit nimmt, wodurch Vorder- und Hintergründe reizvoll ineinander fließen. Durch das Fehlen von Schatten muten aber auch Gebäude wie spielzeugartige Versatzstücken des Realen an genauso wie die sie bewohnenden Menschen.

Weitgehend unbekannt dürften selbst für den Kenner der Fotografien Niedermayrs dessen Videos sein. Sie machen mit einer ironischen Seite des Südtirolers bekannt, die man bei dem subtilen Spurensucher kaum vermutet hätte.

Kunsthalle Wien im MuseumsQuartier; bis 27. April, täglich 10 bis 19 Uhr, Donnerstag 10 bis 22 Uhr
2003-02-04 15:49:20